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Nächster Anlauf für Kampfjets

Von Alexander Dworzak

Politik

Nach dem Ja zu Kampfpanzern hofft die Ukraine, dass die USA ihre Blockade bei Flugzeugen revidieren.


Militärische Erfolge waren für die Ukraine zuletzt rar gesät. Umso wichtiger für die Regierung in Kiew, dass die USA und Deutschland diese Woche ihren Schwenk verkündet haben und das angegriffene Land mit Kampfpanzern unterstützen. Die Bundesrepublik trägt 14 Leopard-Panzer bei und erteilt anderen Staaten, die ebenfalls über Leoparden verfügen, die Ausfuhrgenehmigung in die Ukraine. Die Vereinigten Staaten liefern 31 Stück des Abrams-M1-Panzers.

Angesichts einer mehr als 1.000 Kilometer langen Front seien die Leopard-Panzer - ähnlich wie die zuvor versprochenen 40 Marder-Schützenpanzer - vor allem ein symbolisches Zeichen an Russland, ventilierten Berliner Regierungskreise bereits vor der Entscheidung. Die eigentliche Botschaft an den Machthaber im Kreml, Wladimir Putin, lautet: Der Westen, EU- und Nato-Länder sind bereit, die Ukraine längerfristig und intensiver zu unterstützen als bisher beschlossen. Die Ukraine soll nicht nur ihr gehaltenes Territorium verteidigen können, sondern besetztes Land im Süden und Osten zurückerobern. Die delikate Frage, was mit der annektierten Halbinsel Krim passiert, wird derweil ausgeklammert.

In etwas weniger ferner Zukunft liegt der Frühling. Eine Einberufungswelle und Offensive Russlands gilt als wahrscheinlich. Bis dahin sollen die ukrainischen Truppen im Umgang mit den westlichen Panzern geübt sein. "Zügig" sollten die Truppen in Deutschland ausgebildet werden, teilten Berliner Kreise mit. Die Lieferung setzte Verteidigungsminister Boris Pistorius mit "Ende des ersten Quartals" an. Nach allem, was er wisse, sei das "rechtzeitig", sagte der neue Ressortchef bei seinem Antrittsbesuch auf einem ostdeutschen Truppenübungsplatz. Gegen eine russische Offensive reichen die Panzer aus Deutschland und den USA aber ebenso wenig aus wie die Aufstockung auf 80 bis 90 Panzer - unter anderem aus polnischen Beständen - und die angekündigten 14 Kampfpanzer aus Großbritannien.

Die Vorstellungen der Ukraine sind klar: "Die nächste große Hürde sind jetzt Kampfjets", sagte Jurij Sak, ein Berater von Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Der stellvertretende Außenminister Andrij Melnyk, bekannt im deutschen Sprachraum durch seine langjährige Tätigkeit als Botschafter in Deutschland, forderte von der Bundesrepublik Kampfjets der Typen Eurofighter und Tornado.

Die Bitte der Ukraine ist nicht neu. Bereits kurz nach Kriegsbeginn wollte Polen 28 Kampfjets sowjetischer Bauart aus eigenen Beständen überlassen. Dazu kam es nicht, die USA lehnten den Plan im März ab: "Die Nachrichtendienste sind zu der Einschätzung gelangt, dass die Weitergabe von MiG-29 an die Ukraine fälschlicherweise als eskalierend aufgefasst werden könnte", richte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, John Kirby, damals aus. Er verwies dabei auf mögliche Gegenreaktionen Russlands.

Aus völkerrechtlicher Perspektive bedeuten die Waffenlieferungen nicht, dass Länder zur Kriegspartei werden, welche die Ukraine unterstützen. Anders ist es bei der politischen Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit. "Die USA und die Nato nehmen am Konflikt in der Ukraine teil", betont Russland stets; so auch Nikolai Patruschew, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates, nach Bekanntgabe der Panzerlieferungen. Gezielt beschwört Moskau auch die Gefahr eines Atomkrieges herauf.

Russlands Nachbarn wollen Panzer an die Ukraine liefern

Ausgerechnet bei Nachbarstaaten funktioniert diese Drohung nicht. Finnland erklärte, dass es ebenfalls Leopard-Panzer bereitstellen möchte. Dies obwohl der Nato-Beitritt des nordeuropäischen Landes noch immer von der Türkei blockiert wird und es mehr als 1.300 Kilometer Grenze mit Russland teilt. Norwegen, das im Nordosten knapp 200 Kilometer Grenze zu Russland hat, will ebenfalls Leoparden liefern.

Bei Kampfjets geben sich die Ukraine-Unterstützer vergleichsweise bedeckt. Es gebe "keine Tabus" bei militärische Hilfe, sagte der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra vergangene Woche. Sein Land zählt zu jenen acht europäischen Nato-Mitgliedern, die über den US-Kampfflieger F-16 verfügen - andere sind etwa Polen und Norwegen. Der operative Geschäftsführer des F-16-Herstellers Lockheed Martin weist gegenüber der "Financial Times" darauf hin, der Rüstungskonzern sei nicht in direkte Gespräche involviert. Alles liegt an der Regierung in Washington: Sie bestimmt nicht nur, wohin Jets aus US-Produktion verkauft werden. Sondern auch, welches Land die Flieger wohin weitergeben darf.