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Warum auch China in Paraguay auf dem Wahlzettel steht

Von WZ-Korrespondent Tobias Käufer

Politik

Die beiden aussichtsreichsten Kandidaten im Präsidentschaftsrennen stellen sich auf die Seite Pekings oder Taiwans.


Im Kampf um die Macht in Paraguay stehen auch zwei Länder auf dem Wahlzettel, die mit dem eigentlichen Urnengang in dem südamerikanischen Land erst einmal nichts zu tun haben. Seit über sechs Jahrzehnten pflegt Paraguay diplomatische Beziehungen zu Taiwan, zählt damit zu den noch ein rund Dutzend Ländern, die im Machtkampf zwischen Peking und Taipeh der kleinen Insel die Treue halten. Doch einer der Kandidaten stellt nun diese Verbindungen in Frage. Oppositionskandidat Efrain Alegre hat im Wahlkampf um das Präsidentenamt die Beziehungen Asuncions zu Taiwan immer wieder kritisiert und stattdessen die Möglichkeit einer Annäherung an Peking ins Spiel gebracht.

Sollte Alegre gewinnen, wäre auch das für Peking ein großer Sieg, denn damit hätte das Land in Südamerika damit praktisch freie Bahn. Erst vor wenigen Wochen hatte der mächtigste und einflussreichste Politiker Lateinamerikas, Brasiliens Präsident Luis Inacio Lula da Silva, bei seiner Antrittsreise zu Beginn seiner insgesamt dritten Präsidentschaft noch einmal ausdrücklich zur Ein-China-Politik bekannt. In Mittelamerika hatte vor wenigen Wochen Honduras angekündigt seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan zu beenden und stattdessen mit Peking zusammenzuarbeiten. Begleitet hatte Tegucigalpa diese Entscheidung mit der Übergabe einer Liste an Investitionswünschen, die die Linksregierung in Honduras den Chinesen zukommen ließ.

In Paraguay ist die "China-Frage" nun einer der Punkte, die im Wahlkampf diskutiert werden. Besonders das Schicksal jener Studenten aus Paraguay, die derzeit in Taiwan im Rahmen einer Partnerschaft studieren, treibt die Angst um, es könnte dann schnell vorbei sein mit dem Auslandsstudium. Santiago Peña, Kandidat des Regierungslagers, will dagegen an der bisherigen Nähe zu Taiwan festhalten.

Große symbolische Bedeutung für Taiwan

Für Taiwan habe die letzte Verbindung zu seinem südamerikanischen Staat sehr große symbolische Bedeutung, sagte Margaret Myers, Direktorin des Asien- und Lateinamerika-Programms beim Inter-American Dialogue jüngst der BBC. "Wir haben es mit einer so kleinen Gruppe von dauerhaften diplomatischen Verbündeten zu tun, dass es ein großer Schlag wäre, noch mehr zu verlieren, insbesondere nach der Entscheidung von Honduras, dasselbe zu tun."

Innenpolitisch stehen aber andere Fragen im Mittelpunkt: Die öffentliche Sicherheit, Arbeitslosigkeit, die große Spanne zwischen Arm und Reich und die Korruptionsbekämpfung. Ob das reicht, um einen Machtwechsel an der Spitze des Staates einzuleiten, ist unklar.

In den Umfragen liegt laut "La Nacion" Santiago Peña vorne, der das Regierungslager repräsentiert. Amtsinhaber Mario Abdo Benitez von der Partei Colorado kann wegen einer in der Verfassung festgeschriebenen Amtszeitbegrenzung nicht erneut antreten. Er blickt auf eine durchwachsene Amtszeit ohne Glanzpunkte zurück.

Herausforderer Efrain Alegre präsentierte sich im Wahlkampf als entschlossen und entscheidungsstark: "Paraguay braucht einen Präsidenten mit Charakter und Stärke", sagte Alegre und meint damit natürlich sich selbst. Er leistete sich ein Scharmützel mit der Zeitung "La Nacion", dessen Personal er bei seinen Veranstaltungen auszusperren versuchte. Das brachte ihm den Vorwurf des Autokratismus und der Pressefeindlichkeit ein. Der konservative Santiago Peña versucht dagegen jene Wählerschichten zu erreichen, die nach Möglichkeit keinen großen Wechsel in Paraguay anstreben und allzu große Reformen scheuen.

Die jüngsten Umfragen sehen Peña und Alegre in einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Wer am Sonntag die meisten Stimmen erhält, ist gewählt, unabhängig davon, ob es über die 50 Prozent-Marke geht. Einige Umfragen sagen sogar ein technisches Unentschieden voraus. Auf den letzten Drücker konnte aber auch Systemkritiker Paraguayo Cubas noch zu einer Überraschung werden. Er kritisierte die etablierten Parteien und gewann vor allem bei jenen Zustimmung, die mit den beiden etablierten Lagern unzufrieden sind und einen neuen Weg für das Land gehen wollen.