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Reparaturen am zerstörten Staat

Von Klaus Huhold

Politik

In Somalia beherrschen Milizen und Islamisten ein Land ohne echte Führung.


Mogadischu. Es ist eine Konferenz über ein Land, das als trauriges Beispiel eines gescheiterten Staates gilt. In London berieten am Dienstag mehr als 50 Länder und Organisationen über Somalia. Das Land am Horn von Afrika ist nach mehr als 20 Jahren Bürgerkrieg vollkommen zerstört. Die Übergangsregierung kontrolliert nur ein paar Viertel in der Hauptstadt Mogadischu, sonst herrschen Milizen und Clans, während die Bevölkerung ständig vom Hunger bedroht ist.

Die humanitäre Tragödie Somalias hat Auswirkungen über die Grenzen des Landes hinaus: Die radikalislamistische Al-Shabbab-Miliz, die große Teile Somalias beherrscht und der Verbindungen zur Al-Kaida nachgesagt werden, hat bereits in Uganda tödliche Anschläge verübt. Und vor den Küsten Somalias kidnappen Piraten ständig Schiffe und erpressten damit im Vorjahr laut UNO 130 Millionen Euro. "In einem Land, in dem es keine Hoffnung gibt, blühen Chaos, Gewalt und Terrorismus", sagte Großbritanniens Premier David Cameron bei der Eröffnung der Konferenz, an der auch US-Außenministerin Hillary Clinton, UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sowie Vertreter aus europäischen, afrikanischen und arabischen Ländern teilnahmen.

Neue Regierung geplant

Beobachter verweisen immer wieder darauf, dass Somalia zuallererst einmal eine Staatsführung braucht, die überhaupt in der Lage ist, die Probleme des Landes anzupacken. Nur so können auf lange Sicht Terrorismus und Piraterie effektiv bekämpft und die sich wiederholenden Hungerkatastrophen vermieden werden.

In diese Stoßrichtung ging auch einer der wichtigsten Beschlüsse der Konferenz (siehe auch Gastkommentar auf Seite 2): So wurde entschieden, dass das Mandat der schwachen und wegen ihrer Korruption bei der Bevölkerung unbeliebten Übergangsregierung in der derzeitigen Form nicht verlängert wird. Ab August soll die Regierung, über die in Somalia schon verhandelt wird, erweitert werden. Vertreten sollen dann auch Repräsentanten einzelner Regionen wie dem autonomen Puntland sein. Auch mit einer Miliz, die die Al-Shabaab bekämpft, werden Gespräche geführt. Es stellt sich aber die Frage, wie weit die Vereinbarungen halten werden. In Somalia haben in den vergangenen Jahren die Fronten schnell gewechselt und aus Verbündeten wurden schnell erbitterte Feinde, die sich bekriegten.

Und egal, wer zukünftig die Regierung stellt, er wird mit der Al-Shabaab einen brutalen Feind haben. Diese will ganz Somalia in einen radikalislamistischen Staat umwandeln. In den von der Miliz kontrollierten Gebieten im Süden und Zentrum des Landes steinigen die Gotteskrieger bereits vermeintliche Ehebrecherinnen und töten jeden, den sie als Verräter betrachten.

Zuletzt konnte aber die Al-Shabaab aus Mogadischu vertrieben werden. Zu verdanken war das vor allem den etwa 8000 in Somalia stationierten Soldaten der internationalen Schutztruppe Amisom, die von Ländern der Afrikanischen Union gestellt wird. Kürzlich beschloss der UN-Sicherheitsrat, dass die Amisom auf bis zu 17.770 Mann aufgestockt werden kann. Es bleibt aber abzuwarten, ob die afrikanischen Staaten so viel Mann für einen Einsatz zur Verfügung stellen, bei dem es ständig Todesopfer gibt.

Bezahlt wird die Amisom großteils von der EU. Und auch bei der Konferenz wurden weitere Gelder für Somalia versprochen. Clinton sagte etwa zusätzliche 64 Millionen Dollar aus den USA zu, die schon hunderte Millionen in die Region am Horn von Afrika gesteckt haben.

Zudem wurde von verschiedensten Konferenzteilnehmern Geduld angemahnt. Bei einem eintägigen Treffen könnten nicht all die Probleme eines Landes gelöst werden, das seit zwanzig Jahren zerstört wird.