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Jugendextremismus in Israel

Von WZ-Korrespondent Andreas Hackl

Politik

Rassistischer Trend - Jüdische Jugendliche prügeln Araber bewusstlos.


Tel Aviv. Bei einer Schlägerei in Jerusalem ging eine Gruppe jüdischer Jugendlicher DonnerstagNacht brutal gegen palästinensische Israelis vor. Dabei wurde ein 17-jähriger Palästinenser bewusstlos geschlagen, während dutzende Passanten tatenlos zusahen. "Von mir aus kann er sterben, er ist Araber", sagte ein 15-jähriger Verdächtiger am Montag im Gerichtssaal. "Wäre es nach mir gegangen, ich hätte ihn umgebracht."

Die israelische Polizei hat fünf Personen festgenommen, darunter vier Jugendliche und einen 19-Jährigen. Zwei weitere werden noch befragt. Laut Polizeisprecher Mickey Rosenfeld sei die Lage eskaliert, nachdem sich ein Mädchen bei einem Freund über Belästigung durch einen Araber beschwert hatte. Daraufhin sei die Gruppe auf die nächstbesten Opfer losgegangen. Der bewusstlos geschlagene 17-Jährige, Jamal Julani, ist am Sonntag wieder aus dem Koma aufgewacht.

Obwohl die Polizei von einem Einzelfall spricht, steckt für Bildungsexperten ein Trend unter israelischen Jugendlichen dahinter. Sie sprechen von einem rassistischen Wandel in der Gesellschaft. Ebenfalls letzten Donnerstag haben israelische Siedler bei der Stadt Bethlehem einen Molotow-Cocktail auf ein palästinensisches Taxi geworfen und dabei den Insassen, darunter auch Kinder, Verbrennungen zugefügt.

"Polit-Rhetorik ist schuld"

"Ich arbeite seit Jahren mit Jugendlichen zum Thema Rassismus in Workshops. Und was ich dort sehe, ist dramatisch", sagt Yonatan Yakir, der die Bildungsmaßnahmen des Verbands für Bürgerrechte in Israel leitet. Über Rollenspiele versucht er, israelischen Schülern ein Bewusstsein für die Anderen in der Gesellschaft zu vermitteln. Dabei sei eines auffällig: Die Ablehnung der arabischen Staatsbürger, die rund 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sei unter jüdischen Israelis bedenklich groß. "Die jüdisch-israelische Jugend ist heute sehr rassistisch", sagt er. "Daran ist auch die extremistische Rhetorik der Politik schuld."

Etwa werden Asylwerber von Israels Regierung kategorisch "Eindringlinge" genannt, während rechtsgerichtete Politiker durch polarisierende Aussagen und Gesetzesvorlagen den Konflikt zwischen Arabern und Juden verschärfen. "Wir haben ein Bildungsproblem", sagt Yakir. "Araber und Juden gehen in 99 Prozent der Fälle in getrennte Schulen. Sie haben einfach keinen Kontakt miteinander."

Eine Studie der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung unter 1600 israelischen Jugendlichen hat 2011 ergeben, dass 46 Prozent aller jüdischen Befragten dafür waren, Arabern im Land ihre politischen Grundrechte zu nehmen. Bei 25 Prozent löste der Gedanke an Araber "Hass" aus.