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Als Nixon im Nirvana verschwand

Von Michael Schmölzer

Politik

Bei US-Wahl hat oft der die Nase vorn, der neue Medien schneller durchschaut.


Wien. Der US-Theoretiker Marshall McLuhan prägte vor Jahrzehnten die Einsicht, dass das Medium die Botschaft ist. Die Regel lautet: Neue Technologien bewirken eine Veränderung des Denkens. Der gleiche Inhalt kommt völlig verschieden an, je nachdem, ob er über Radio, TV oder Internet kommuniziert wird.

Diese Wahrheit wurde am 26. September 1960 niemand Geringerem als Richard Nixon zum Verhängnis. Der damalige Vizepräsident wählte für seine TV-Konfrontation mit John F. Kennedy den falschen Anzug. Jackett und Wand waren farbgleich, der Politiker verschwand vor den Augen von Millionen Fernsehzusehern gleichsam im Nirvana. Hier spricht ein Chamäleon, so die Assoziation. Zudem hatte sich der Republikaner geweigert, Schminke aufzutragen - während der TV-Debatte rann ihm der Schweiß über das Gesicht. Kennedy hingegen hatte viel früher als sein Konkurrent durchschaut, wie das Medium Fernsehen funktioniert. Er ließ sich den Austragungsort des TV-Duells im Vorfeld zeigen, er bereitete sich intensiv auf die Begegnung vor. Nixon dachte, seine Radioerfahrung würde ausreichen, um Kennedy schlagen zu können - er unterschätze die Macht des Bildes. Nixon hatte Franklin Delano Roosevelt vor Augen, für den Radio das ideale Medium war. Hier konnte er seine Behinderung - Roosevelt saß im Rollstuhl - perfekt verbergen. Das war in den 30er Jahren. Kennedy hingegen gewann mit 120.000 Stimmen Vorsprung, wahlentscheidend, sagen Historiker, war sein besseres Auftreten im neuen Massenmedium TV.

Der Demokrat Bill Clinton hatte in den Wahljahren 1992 und 1996 nicht zuletzt deshalb die Nase vorn, weil auch er die Bedeutung neuer Nachrichtensender und Technologien rascher erkannte als seine Gegner. Im Gegensatz zu George Bush trat Clinton bei Talkshows im damals noch jungen Nachrichtensender CNN auf und sorgte bei Larry King mit Sagern für Schlagzeilen. Und es war Clinton, der 1996 eine erste Website einrichtete - Gegner Bob Dole hatte dem nichts entgegenzusetzen. Entscheidende Bedeutung hatte das Internet erstmals im Wahlkampf 2004; die Berater des Republikaners George W. Bush bauten eine ausgeklügelte Adress-Kartei auf, um Nicht-Wähler vor allem in demokratischen Bezirken zu erreichen. Vor allem bei farbigen Wählern in Ohio ging die Strategie auf - Bush bekam dort 16 Prozent aller afroamerikanischen Stimmen, im Landesschnitt waren es nur acht. John Kerry war geschlagen.

Barack Obamas "Change" im Wahljahr 2008 gelang, weil die Mehrheit der US-Amerikaner von George W. Bush die Nase voll hatten und John McCain das Fahrwasser des scheidenden Präsidenten nicht komplett verlassen konnte. Seine begeisterten Anhängerschaft rekrutierte Obama aber nicht zuletzt durch massiven Einsatz von YouTube-Nachrichten, Facebook und Twitter. Auf Facebook hatte Obama fünfmal mehr Anhänger als der weitaus ältere verdiente Kriegs-Veteran McCain. 2008, heißt es, war der erste Wahlkampf, der erstmals völlig ohne herkömmliche Medien bestritten werden konnte.