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Zwei Bisse vom großen Apfel

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Bei den New Yorker Vorwahlen setzten sich auf beiden Seiten die Favoriten durch. Bei den Demokraten ist das Kandidatenrennen so gut wie für Clinton entschieden. Die Republikaner müssen sich langsam, aber sicher mit Trump abfinden.


New York. Klare Ansagen sind von jeher ein, wenn nicht gar das kennzeichnende Merkmal der New Yorker Mentalität und die Politik bildet dabei keine Ausnahme. Die Ergebnisse der Vorwahlen zur Nominierung der Präsidentschaftskandidaten der zwei großen US-Parteien hätten entsprechend eindeutiger kaum ausfallen können. Bei den Demokraten triumphierte Hillary Clinton, bei den Republikanern Donald Trump; beide auf eine Art und Weise, die als eindrucksvoll nur unzureichend beschrieben ist. Am Morgen danach hielt Clinton bei 57,9 Prozent Stimmenanteil, rund eine Million Menschen hatten am Dienstag ihren Namen angekreuzt. Ihr einzig verbliebener Konkurrent Bernie Sanders, der mit großen Hoffnungen in den Wahlkampf im Empire State gestartet war, erzielte magere 42,1 Prozent oder rund 750.000 Stimmen.

Bei den Republikanern fiel das Ergebnis gar noch deutlicher aus. Sagenhafte 60,5 (rund 520.000 Stimmen) Prozent konnte Donald Trump auf sich vereinen. Sein erster Verfolger Ted Cruz kam auf nicht einmal 15 Prozent (124.000) - was bedeutet, dass der texanische Senator von den 95 an diesem Wahltag zu vergebenden Delegiertenstimmen original keine einzige bekam. Einzig John Kasich, der Gouverneur von Ohio, durfte ein bisschen aufzeigen: 25,1 Prozent (215.000) sicherten ihm drei Delegierte am Parteitag im Juli in Cleveland. Ein Achtungserfolg, immerhin.

Auf Seiten der Demokraten ist der Kampf nunmehr praktisch entschieden. Sanders allerletzte Hoffnung, seinen Verbleib im Rennen zu legitimieren, besteht de facto in Siegen in mindestens drei Bundesstaaten, in denen am kommenden Dienstag gewählt wird. Am 26. April findet der nächste sogenannte "Super Tuesday" statt. Dann entscheiden die Wählerinnen und Wähler in Pennsylvania, Connecticut, Maryland, Delaware und Rhode Island, wen sie als Nachfolger von Barack Obama im Weißen Haus sehen wollen.

New York bleibt Clintonland

Bisher hat Sanders gelobt, ungeachtet aller Ergebnisse bis zum letzten Termin des Vorwahlkalenders der Demokraten am 14. Juni (Washington D.C., eine Woche vorher wählt der größte Bundesstaat, Kalifornien) im Rennen zu bleiben.

Was New York angeht, herrschte im Lager des Senators von Vermont am Tag danach noch immer große Enttäuschung. Wie kein anderer Kandidat hatte es Sanders beständig geschafft, zehntausende Menschen auf die Straße, sprich zu seinen Wahlkampfveranstaltungen zu bringen, bisweilen mehr als Obama im Jahr 2008. Aber New York stellte sich am Ende einmal mehr als Clintonland heraus. Und das nicht nur, weil die ehemalige Außenministerin und First Lady dem Bundesstaat acht Jahre lang im Senat diente.

Alle offensichtliche Begeisterung für seine Botschaft nutzte Sanders nichts, weil die New Yorker Vorwahlen eine buchstäblich geschlossene Veranstaltung ("Closed Primary") darstellen. Nur registrierte Demokraten durften abstimmen; und selbst von denen schafften es viele nicht zur Stimmabgabe, weil sich die für die Wahl zuständige Stadtbehörde einmal mehr als notorisch inkompetent erwies. Bürgermeister und Clinton-Fan Bill de Blasio wies nach hunderten diesbezüglichen Beschwerden eine offizielle Untersuchung der Verhältnisse ebendort an.

Dazu gesellten sich äußerst verunglückte Medienauftritte wie ein Interview mit der größten Boulevardzeitung "Daily News", der er nicht erklären konnte, wie er sich das mit der Zerschlagung der Banken genau vorstellt, und in dem er offenbarte, wie lange er schon nicht mehr in New York gewesen war: Sanders glaubte, dass man in der U-Bahn immer noch mit Tokens bezahlt und nicht, wie seit über einem Dutzend Jahren, mit einer sogenannten MetroCard.

Eine effektive Lüge

Ein gefundenes Fressen für das Team Clinton, das den 74-Jährigen zudem kaum subtil als gewissenlosen Waffenfanatiker hinstellte, aus dessen Bundesstaat die Mehrheit jener Knarren komme, mit denen in New York City Kleinkinder erschossen werden. Eine glatte Lüge, die auch in der vergangenen Woche in der öffentlichen Debatte der beiden in den Brooklyn Navy Yards zur Sprache kam - aber eine enorm effektive. Angesichts der Situation Post-New York lautet die entscheidende Frage auf Seiten der Demokraten jetzt, inwiefern Sanders und seine Anhänger Clinton derartige Aktionen langfristig übel nehmen.

Bei den Republikanern haben sich die Verhältnisse indes aufgehellt. Nach der Niederlage in New York State hat Ted Cruz nun auch rein rechnerisch keine Chance mehr, die Nominierung ohne Kampfabstimmung am Parteitag zu gewinnen. Donald Trump führt in fast allen Umfragen in den Bundesstaaten des nächsten "Super Tuesday" und könnte es mit ein bisschen Glück am 7. Juni, wenn Kalifornien wählt, schaffen, die magische Zahl von 1237 Delegiertenstimmen zu erreichen, die ihm die Nominierung garantieren würde.

Weitere Artikel und Fakten finden Sie
im WZ-Online-Dossier zur US-Wahl:

www.wienerzeitung.at/uswahl2016