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Der Präsident im Skandal-Modus

Von Siobhán Geets

Politik

Trump irritiert auch bei seinen Auftritten in der EU. Einigkeit herrscht beim G7-Treffen lediglich beim Kampf gegen den Terror.


Taormina. Körpersprache sagt manchmal alles. Zum Beispiel jene des US-Präsidenten beim Nato-Treffen diese Woche. Als sich die Staatschefs der Verteidigungsallianz für das traditionelle Familienfoto in Stellung bringen, drängt Donald Trump sich zwischen ihnen nach vorn, räumt Dusko Markovic, den Premier Montenegros, beiseite und positioniert sich breitbeinig in der Mitte der Gruppe.

Diese Geste, wie er sich danach das Sakko richtet, das Gesicht, das er dabei zieht, wie er das Kinn nach oben reckt - in den sozialen Medien wurde all das noch am Freitag bis ins kleinste Detail ausgeleuchtet.

"Die Deutschen sind böse"

Und es geht weiter. Unmittelbar vor dem Treffen der G7 im sizilianischen Taormina soll sich der US-Präsident schon wieder einen Fauxpas erlaubt haben - diesmal gegenüber Deutschland. "Die Deutschen sind böse, sehr böse", beschwerte er sich laut "Spiegel" über den Handelsüberschuss der Bundesrepublik. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bestätigte zwar Trumps Kritik, bemühte sich aber um Schadensbegrenzung: "Ich bin kein Spezialist im Englischen, aber ‚bad‘ heißt nicht ‚böse‘ - ‚schlecht‘ reicht ja."

Im Wahlkampf hatte Trump gegen Freihandel gewettert und versprochen, die US-Wirtschaft abzuschotten, das aber bisher nur in Ansätzen umgesetzt. Fraglich war am Freitag, ob sich die G7 in ihrer Abschlusserklärung wie üblich gegen Protektionismus und für freien Handel aussprechen. Im Kreis der G20 hat sich Trump bisher dagegen gewehrt. Als EU-Ratspräsident Donald Tusk im Vorfeld vom "schwierigsten G7-Gipfel seit Jahren" sprach, hatte er wohl vor allem den US-Präsidenten im Sinn. Am Freitag stieß dieser prompt seine italienischen Gastgeber vor den Kopf - und blockierte einen Plan Roms und anderer G7-Länder für eine bessere Bewältigung der Flüchtlingskrise.

Der Immobilienmogul hatte bei seiner ersten Auslandsreise diese Woche bereits für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt. Fünf Länder bereiste der US-Präsident in acht Tagen, gestartet war er im Skandal-Modus: Die Russland-Affäre, die Entlassung von FBI-Chef James Comey, die Bestellung eines Sonderermittlers - wahrscheinlich war Trump froh über die Atempause. Doch er geriet auch diesmal in die Kritik. Im wahhabitischen Königreich Saudi-Arabien hielt Trump eine Rede über den Islam - ohne jedoch darauf einzugehen, dass islamische Terroristen den Koran ähnlich auslegen wie wahhabitische Gelehrte.

Für Kritik sorgte auch ein Waffendeal im Umfang von 110 Milliarden Dollar mit dem Königreich. Das beunruhigte Israel und half Saudi-Arabien, das sich derzeit um ein offenes Image bemüht.

In Israel besuchte Trump dann als erster US-Präsident die Klagemauer - allerdings ohne israelische Politiker. Das wahre Konfliktpotenzial seiner Reise zeigte sich aber erst beim Treffen mit den EU-Spitzen und Nato-Partnern am Donnerstag. Letztere irritierte Trump am Donnerstag mit einer öffentlichen Belehrung über den Verteidigungsetat.

In einer anderen Angelegenheit soll die britische Premierministerin Trump zur Rede gestellt haben. Theresa May war verärgert, weil US-Geheimdienste sensible Informationen zum Anschlag in Manchester weitergegeben hatten. Nachdem die "New York Times" Fotos vom Tatort und den Namen des mutmaßlichen Täters veröffentlichte, stoppte die britische Polizei vorerst den Austausch von Informationen mit den USA. Am Freitag verkündete sie dann, nach einer Aussprache wieder mit den US-Behörden zusammenzuarbeiten.

Internetfirmen in der Pflicht

Die Ermittler machen Salman Abedi, einen Briten libyscher Abstammung, für den Anschlag auf ein Popkonzert mit 22 Toten verantwortlich. Die Polizei spricht von einer aufwendig hergestellten Bombe, was darauf schließen lässt, dass ein ganzes Terrornetzwerk hinter der Tat steckt.

Im Manchester Stadtteil Moss Side nahm die britische Polizei am Freitag einen weiterer Verdächtigen fest, bei Hausdurchsuchungen seien Gegenstände entdeckt worden, die für die Untersuchungen wichtig seien. Damit befanden sich acht Männer in Untersuchungshaft, darunter der ältere Bruder Abedis. In Libyen wurden laut dortigen Spezialkräfte der Vater und der jüngere Bruder des Attentäters festgenommen. Letzter sei mit den Einzelheiten des Anschlags vertraut gewesen. Laut einer muslimischen Stiftung wussten die Behörden seit zwei Jahren von den extremistischen Tendenzen Abedis.

Angesichts des grausamen Anschlags in Großbritannien gab es am Freitag immerhin einen Konsens beim G7-Treffen: das Bekenntnis zum Kampf gegen den Terror. Das Thema beschäftigt die Gipfel der sieben wichtigsten Wirtschaftsnationen zwar seit Jahren, aber durch den Anschlag in Manchester hat die Debatte neuen Wind erhalten.

So rief Premierministerin May die führenden Industrienationen dazu auf, Extremismus im Netz stärker zu bekämpfen. Dazu sollten Internetkonzerne noch mehr in die Pflicht genommen werden. Ob der Kampf gegen den gemeinsamen Feind ausreicht, um den Zusammenhalt der sieben wichtigsten Industrienationen zu stärken, bleibt allerdings fraglich.