Zum Hauptinhalt springen

"Der Iran sät Chaos und Tod"

Von Michael Schmölzer

Politik

US-Präsident Trump greift vor UNO Regime in Teheran frontal an. Mit der EU ist er im Konflikt über die Sanktionen.


New York/Wien. Schlechte Stimmung lag in der Luft, als US-Präsident Donald Trump am Dienstag das Rednerpult in New York betrat. "In weniger als zwei Jahren hat meine Regierung mehr erreicht als fast jede andere in der Geschichte der USA", legte der US-Präsident vor der UN-Generalversammlung los. Und erntete prompt lautstarkes, höhnisches Gelächter aus dem Publikum. "Diese Reaktion hätte ich nicht erwartet, aber okay", so Trump.

Trump machte vor den UN-Delegierten klar, dass der Hauptfeind der USA - der Terror-Unterstützer in Nahost und destabilisierende Faktor schlechthin - der Iran sei. Das Land würde "Chaos und Tod säen", so Trump, folgerichtig sei Washington aus dem "fürchterlichen" Atomdeal ausgestiegen und habe erneut Sanktionen gegen Teheran verhängt: Der Iran habe deshalb "keine andere Wahl, als seine Melodie zu ändern", so Trump.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani rechnete dafür in seiner Rede mit der US-Regierung ab. "Dem Multilateralismus entgegentreten ist kein Zeichen der Stärke, sondern ein Symbol der Schwäche des Intellekts", sagte Rouhani. Trump trample auf den globalen Regeln herum und handle "absurd und abnormal". Er schlug aber auch versöhnliche Töne an: "Wir laden Sie ein, an den Verhandlungstisch, den Sie verlassen haben, zurückzukommen."

EU steht zu Atomabkommen

Die EU bleibt mit Russland und China dem Atomabkommen treu und geht auf Konfrontationskurs. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini meinte, Seite an Seite mit Irans Außenminister Mohammed Sarif, dass man einen Weg gefunden habe, trotz der US-Sanktionen weiter Geschäfte mit dem Iran zu machen.

Nach den Vorstellungen der EU soll eine Zweckgesellschaft, ein "Special Purpose Vehicle" gegründet werden, um die US-Maßnahmen zu umgehen und das Atomabkommen zu retten. Diese Gesellschaft solle die Bezahlung iranischer Exporte ermöglichen, darunter auch die für das Land wichtigen Erdölausfuhren, so Mogherini. Nach Angaben aus EU-Diplomatenkreisen geht es konkret darum, eine Art Tauschbörse zu schaffen. Dort könnte Öl gegen europäische Güter getauscht werden, ohne dass Geld die Seiten wechselt. Ein ähnliches System hatte die Sowjetunion während des Kalten Krieges genutzt.

Viele Diplomaten und Experten bezweifeln, dass der Trick funktioniert. Sie verweisen darauf, dass die USA nur ihre Sanktionen um Tauschgeschäfte erweitern müssten, um den Handel zu blockieren. Zudem bleibt das Grundproblem, dass Firmen, die mit dem Iran Handel treiben, ihr - meist größeres - Geschäft in den USA verlieren. Zahlreiche europäische Großkonzerne haben sich bereits aus dem Iran zurückgezogen.

Das Handelsvolumen zwischen der EU und dem Iran liegt bei zwei Milliarden Euro im Monat. Irans Währung Rial ist im freien Fall, sie hat 2018 etwa zwei Drittel ihres Wertes verloren und diesen Monat einen Rekordtiefstand gegenüber dem Dollar erreicht.

Washingtons Kalkül ist es, Teheran mit seiner Sanktionspolitik so unter Druck zu setzen, dass die iranische Führung klein beigibt und einer Neuverhandlung des Atomdeals zustimmt. Bis dato gibt es keine Anzeichen, dass das aufgeht. Irans Präsident Hassan Rouhani lehnte Angebote von Trump und US-Außenminister Mike Pompeo zu einem Treffen ab. Trump meinte, dass es ein solches Treffen "vielleicht irgendwann in der Zukunft" geben könnte. Dann, so Trump in New York, könnte es sogar "hervorragende Beziehungen" zum Iran geben.

Erinnerungen an die erste Rede Trumps im September 2017 vor der UN-Generalsversammlung werden wach: Damals hatte Trump neben dem Iran Nordkorea als großen Feind gegeißelt und mit der Vernichtung gedroht: "Rocket man is on a suicide mission", so Trump damals über seinen Widersacher Kim Jong-un. Das hat sich radikal geändert. Trump will ein zweites Treffen mit dem Nordkoreaner. Die beiden Politiker hatten einander bereits am 12. Juni in Singapur getroffen - und nette Worte ausgetauscht. Beobachter gehen davon aus, dass Trump und Kim gut miteinander können. Der Termin für ein Treffen mit Kim werde demnächst verkündet, so Trump. Denn: Es wäre mit Pjöngjang viel ermutigender Fortschritt erreicht worden, aber es gebe eben noch viel zu tun.

"Chaotische Weltordnung"

Trump blieb seiner "America First"-Politik auch diesmal treu. Die USA würden in Zukunft Auslandshilfen nur noch Staaten gewähren, die die USA respektierten und Freunde der USA seien, so Trump. Er sprach von einer "Ideologie der Globalisierung", die von den USA abgelehnt werde. Zusammenarbeit kann sich Trump aber bei der Bekämpfung des Drogenhandels vorstellen.

In seiner Eröffnungsrede warnte UN-Generalsekretär Antonio Guterres vor einer "zunehmend chaotischen Weltordnung". Machtverschiebungen würden die Gefahr einer Konfrontation erhöhen. "Wir haben die Pflicht", so Guterres, "für ein starkes multilaterales System" einzutreten.