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"Werde es mir nicht leicht machen"

Von Christian Rösner

Politik
Sieht sich als "Pragmatiker mit Weitblick": Bezirkschef Dietmar Baurecht.
© Rösner

Dietmar Baurecht, neuer roter Bezirksvorsteher von Rudolfsheim-Fünfhaus, will vor allem mehr Grünraum schaffen.


Rudolfsheim-Fünfhaus hat einen neuen Bezirksvorsteher: Dietmar Baurecht (48) wurde bei einer Sondersitzung der Bezirksvertretung einstimmig und von allen Fraktionen gewählt. Der bisherige Vorsitzende der Verkehrskommission, der auch Mitglied der Kulturkommission war, folgt damit Gerhard Zatlokal (SPÖ) nach. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erzählt er über seine Pläne für den 15. Bezirk.

"Wiener Zeitung":Wie ist es dazu gekommen, dass Sie quasi als Quereinsteiger Bezirksvorsteher geworden sind?Dietmar Baurecht: Naja, Quereinsteiger bin ich eigentlich keiner. Ich war schon in Bad Sauerbrunn Gemeinderat und habe seit 2003 in Eisenstadt zuerst im Regionalmanagement Burgenland und dann in der Wirtschaftsagentur Burgenland gearbeitet. 2014 wurde ich dann in Wien Obmann des Kulturvereins Rudolfsheim und bin 2015 in die Bezirksvertretung als Bezirksrat gekommen, eine Periode lang in der Kulturkommission gesessen und habe 2021 den Vorsitz der Mobilitätskommission übernommen.

Das war aber schon ein ordentlicher Perspektivenwechsel von der Kultur zum Verkehr, oder?

Allerdings, da habe ich den Bezirk erst so richtig kennengelernt - die Gassen und Straßen, die Plätze, die Einbauten, all das, was einen Bezirk ausmacht. Und Verkehr ist immer ein schwieriges Thema, weil man immer sehr ausgleichend agieren muss.

Was verbindet Sie mit dem 15. Bezirk?

Ich bin 2009 vom Burgenland in diesen Bezirk gezogen, weil ich mich hier von Anfang an zu Hause gefühlt habe. Hier lebt alles zusammen, ich habe hier meinen Schneider, meine Gasthäuser, ich kann am Schwendermarkt einkaufen gehen, nichts ist überhöht, die Bürgerinnen und Bürger engagieren sich hier, die Grätzel sind lebendig, man kommt mit den Menschen schnell ins Gespräch - der Bezirk strahlt für mich Normalität, Diversität, Offenheit und Ruhe aus und das macht ihn für mich so sympathisch. Ich selbst wohne im Grätzl rund um die Reindorfkirche, und wer das alljährlich stattfindende Reindorfgassenfest kennt, der weiß ganz genau, wovon ich spreche.

Was sind für Sie die Herausforderungen im Bezirk?

Sicherlich das Schaffen von mehr Grünräumen. Das ist in diesem dicht besiedelten Gebiet wesentlich schwieriger als etwa in den Außenbezirken. Wir haben jetzt zum Beispiel die neu umgestaltete Langauergasse in der Nähe vom Ikea eröffnet. Das war für mich irgendwie das realisierte Märchen vom grauen, hässlichen Entlein, dass dann zum Schwan wird, denn anhand dieser Gasse kann man sehen, was alles möglich ist. Es gab dort sehr viele Parkplätze und jetzt ist dort stattdessen viel Grün. Es wurde hier verkehrsberuhigt, viel für den Radverkehr getan und sehr viel gepflanzt. Und diesen Weg wollen wir weitergehen. Denn vor allem im unteren Teil des Bezirks haben wir das Problem, dass durch den Altbaubestand die Radinfrastruktur nicht so gut ausgebaut ist und das soll sich ändern, um den Alltagsradverkehr zu verbessern - vor allem, was die Querverbindungen an der oberen und unteren Mariahilfer Straße betrifft. Außerdem sind mir Klimamaßnahmen wichtig, wie etwa die Verbreiterung der Gehsteige verbunden mit Baumpflanzungen auf dem Reithofferplatz. Das heißt, wir drängen den Verkehr zurück, schaffen mehr Freiraum für die Menschen und sorgen auch für mehr Baumbestand und damit auch für mehr Lebensqualität.

Auf Kosten der Parkplätze?

Mit Sicherheit auf Kosten der Parkplätze. Man kann nie allen alles recht machen. Aber wir schaffen dafür viele Anrainerparkplätze, was die Situation für die Anrainer bereits spürbar verbessert hat.

Gehen da nicht bestimmte Bezirksparteien auf die Barrikaden, wenn der neue Bezirksvorsteher beginnt, Parkplätze durch Bäume zu ersetzen?

So ist es ja nicht, wir versuchen stets, einen Ausgleich und eine Mehrheit zu schaffen. Das sehe ich auch als Auftrag, mir alles anzuhören, korrekt und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu handeln. Und wer mich kennt, weiß, dass ich es mir vor allem im Verkehrsbereich nie einfach gemacht, immer nach Lösungen gesucht und sie in den meisten Fällen auch gefunden habe. Das beweist alleine schon die Tatsache, dass ich im Bezirksparlament einstimmig gewählt wurde.

Planen Sie auch Begegnungszonen?

Ich muss mir das alles anschauen. Es gibt etwa eine Initiative, die die Schwendergasse beim Markt mehr verkehrsberuhigen möchte. So etwas muss man ganzheitlich betrachten, sich ein Bild über die Auswirkungen auf das gesamte Grätzl machen, bevor man eine solche Entscheidung trifft. Und es sollen vor allem die Bürgerinnen und Bürger eingebunden werden, das ist mir sehr wichtig. Aber es wird sicherlich einige Maßnahmen geben, die in diese Richtung gehen. Jetzt sind wir dort gerade dabei, die Radsituation zu verbessern und - wo es geht - das Radfahren gegen die Einbahn zu ermöglichen.

Der 15. Bezirk wird in gewissen Kreisen gerne als "Ausländerbezirk mit einem Kriminalitätsproblem" bezeichnet - wie sehen Sie das?

Also ich kann dazu nur die Geschichte erzählen, dass ich einmal über Nacht vergessen hatte, bei meinem Auto das Fenster zu schließen und am nächsten Tag ist es noch dagestanden und es hat nichts gefehlt. Ich fühle mich sehr wohl und sehr sicher in meinem Bezirk. Selbstverständlich muss man aber ein Auge darauf haben.

Was werden Sie anders machen als ihr Vorgänger?

Ich sehe mich als Pragmatiker mit Weitblick á la Fred Sinowatz. Ich schaue mir immer alles ganz genau an und versuche, alle Leute einzubinden. Ich versuche auch immer mit allen zu reden, auch mit den Gegnern von Projekten, denn jeder hat ein Recht darauf, Antworten zu bekommen. Ich bin auf jeden Fall keiner, der es sich einfach macht. Aber das hat mein Vorgänger auch nicht getan.

Sie wurden einstimmig zum Bezirksvorsteher gewählt - heißt das auch, dass Sie sich auch innerhalb ihrer Partei gegenüber niemanden durchsetzen mussten?

Ja, es hat immer wieder geheißen "er hat sich als Bezirksvorsteher durchgesetzt". Die Wahrheit ist aber, dass es vielmehr eine Entwicklung war. Irgendwann wurde ich dann gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Und weil mir der Bezirk so am Herzen liegt, habe ich ja gesagt.

Zur Person~ Dietmar Baurecht ist 48 Jahre alt und in Mödling geboren, verbrachte jedoch seine ersten Lebensjahre in Mauer (Liesing) und Favoriten. Später übersiedelte er mit seinen Eltern ins Burgenland, wo er nach dem Studium der Theaterwissenschaft an der Universität Wien ab 2003 im Regionalmanagement der Burgenland GmbH und anschließend in der Wirtschaftsagentur Burgenland im Projektmanagement tätig war und nebenbei als Journalist arbeitete. 2009 kehrte er nach Wien zurück, wo er sich in seinem Heimatbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus seinem ehrenamtlichen Einsatz für Kunst- und Kulturschaffende widmete. Seit 2015 ist Dietmar Baurecht Bezirksrat der SPÖ Rudolfsheim-Fünfhaus, die er auch aufgrund seiner journalistischen Erfahrung und seiner Obmannschaft des Kulturvereins Rudolfsheim in der Kulturkommission des Bezirks vertrat. Später übernahm er auch die Verkehrskommission als Vorsitzender.