Inzwischen sei daraus aber ein neoliberaler, politischer Kampfbegriff geworden, kritisiert Papouschek. "Diese positiv besetzten Bedeutungen - Freiräume oder arbeitszeitlich mehr Wahlmöglichkeiten - schwingen noch mit, wenn heute von Flexibilisierung die Rede ist. Tatsächlich geht es aber längst nicht mehr darum", sagt sie. Im Kern würde es sich bei Flexibilisierung um das Abwälzen von Marktrisiken an die Beschäftigten und die Senkung der Arbeitskosten handeln. Und damit um eine Zunahme von Unsicherheit und sozialen Risiken.

Hubert Christian Ehalt stimmt der Soziologin zu: "Die atypischen Arbeitsverhältnisse produzieren die atomisierten, desintegrierten, flexiblen ,Massenteilchen‘-Menschen, wie sie sich der neoliberale Kapitalismus wünscht: rechtlos und abhängig, beliebig einsetzbar, austauschbar und gängelbar."

Die Arbeitgeber minimieren die Kosten für die soziale Sicherung der Mitarbeiter. Denen gehe es schlecht, trotz Arbeit, sagt Ehalt. "Sie rutschen bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und anderen unvorhergesehenen Ereignissen in die Armut." Die sogenannte Armutsfalle sei keine Sondersituation mehr, sondern die "Sollbruchstelle" der neoliberalen Arbeitsmarkt-Ungerechtigkeit.

Kleine und mittlere Einkommen bezahlen Armenzuschüsse

Die Kosten, die aus den Zuschüssen für die Armen entstehen würden, kommen von den Steuerleistungen der Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen. Die Profiteure eines Arbeitsmarktes sozial nicht gesicherter Arbeit würden sich hingegen ihrer Steuerleistungen entziehen, so Ehalt.

"Eine wachsende Niedriglohnzone und eine ständige Absenkung des Niveaus der sozialen Sicherheit und der Leistungen des Wohlfahrtsstaates gelten als State of the Art im globalen ,Standortwettbewerb‘. Dabei bleiben die Menschen mit ihren Ansprüchen und Rechten, mit ihrer Hoffnung auf Zukunft und Glück auf der Strecke."

Bei kaum einem anderen Thema passt die Floskel "Geschichte wiederholt sich" so gut wie hier. Ehalt: Die Zielsetzungen der Arbeiterbewegung, die Menschen zu bilden, ihnen Arbeit, Stolz und Respekt zu geben und sie zu Mitgliedern einer solidarischen Gemeinschaft zu machen, seien heute aktueller denn je.