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Credit Suisse sorgt weiter für Misstöne

Von Karl Leban

Wirtschaft

Die Börsen lassen ihre Nervosität fürs Erste hinter sich, indes verstimmt die Krisenbank mit Bonuszahlungen.


Vorerst scheint die milliardenschwere Rettung des Schweizer Bankhauses Credit Suisse die Sorgen der Märkte um die Stabilität des europäischen Finanzsystems zerstreut zu haben. Nach dem Notverkauf des Geldinstituts an den eidgenössischen Finanzriesen UBS fassten sich am Dienstag viele Investoren ein Herz, um wieder bei Aktienpapieren zuzugreifen. Europaweit ging es mit den Börsenindizes, die zuvor teilweise stark unter Druck gestanden waren, nach oben - um mehr als ein bis knapp drei Prozent. Damit ausgestanden sein dürften die jüngsten Turbulenzen aber noch nicht.

"Global gesehen sind wir meiner Meinung nach noch lange nicht über den Berg", wird Brian Johnson, Bankenanalyst bei Jefferies, von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Was an den Finanzmärkten weiterhin für Unsicherheit sorgt, sind die Abwertungen von AT1-Bonds, eigenkapitalähnlichen Anleihen der Credit Suisse im Volumen von immerhin 16 Milliarden Franken (16,06 Milliarden Euro) auf null, aber auch anhaltende Anzeichen für Probleme bei kleineren Banken in den USA.

Allianz-Tochter verliert viel Geld

Österreichische Großbanken wie Erste Group, Raiffeisen Bank International und Bawag hatten bereits zu Wochenbeginn mitgeteilt, keine AT1-Anleihen der Credit Suisse im Portfolio zu halten. Wie es aus der Nationalbank (OeNB) hieß, seien jedoch heimische Fonds und private Anleger in diesen Bonds investiert - in Summe aber nur mit 2 Millionen Euro, die für den Finanzplatz kein Risiko darstellten.

Wer jetzt freilich mit Blick auf die von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma für wertlos erklärten Anleihen viel Geld in den Rauchfang schreiben muss, ist Pimco, eine US-Fondstochter des deutschen Versicherungsriesen Allianz. Nach Informationen von Reuters ist hier von rund 340 Millionen Dollar (315,5 Millionen Euro) die Rede. Mit diesem Wert seien die AT1-Bonds noch am vergangenen Freitag in den Büchern von Pimco gestanden.

Allerdings seien die jetzigen Verluste durch Gewinne mit anderen Anleihen der Credit Suisse ausgeglichen worden, wie Reuters unter Berufung auf einen Insider weiter berichtet. Denn diese Anleihen hätten nach der am Wochenende fixierten Fusion deutlich an Wert gewonnen. Ohne die AT1-Bonds soll Pimco - mit einem verwalteten Vermögen von insgesamt 1,7 Billionen Dollar einer der größten Vermögensverwalter der Welt - Credit-Suisse-Anleihen im Wert von circa 4 Milliarden Dollar halten.

AT1-Anleihen ("CoCo-Bonds") dienen Banken als zusätzlicher Kapitalpuffer. Fällt die Kernkapitalquote unter einen bestimmten Schwellenwert, können sie abgeschrieben werden. In der Regel verlieren bei einer Bankenrettung erst die Aktionäre ihren Einsatz. Bei der Credit Suisse entschieden die Schweizer Aufseher aber anders, was viele Anleger empört. Mehrere Anwaltskanzleien in den USA und Großbritannien arbeiten deshalb bereits an Sammelklagen.

Bonuszahlungen trotz Verlust

Ebenfalls für Unmut sorgte am Dienstag die von der Finanznachrichtenagentur Bloomberg kolportierte Meldung, wonach die Credit Suisse Topmanagern - trotz Milliardenverlust 2022 - Boni im Umfang von rund einer Milliarde Franken zugesagt und großteils bereits ausgezahlt habe. In einem internen Memo habe die Bank Angestellten versichert, dass noch nicht gezahlte Boni und Gehaltserhöhungen wie geplant gezahlt werden sollen. Die Credit Suisse bestätigte das Memo, wollte sich aber nicht weiter dazu äußern.

Die bekannt gewordenen Zahlungen wirken angesichts des bevorstehenden Personalabbaus, der beim Zusammenschluss mit der UBS wohl einhergehen wird, wie Hohn. Einem Bericht der "Financial Times" zufolge könnte die Fusion zehntausende Jobs kosten. Es sei zwar noch zu früh, um zu beziffern, wie viele Stellen gestrichen würden. Aber es könnte sich um bis zu einem Drittel der insgesamt 120.000 Arbeitsplätze der fusionierten Bank handeln. Das Schweizer Geschäft und die Investmentbank der Credit Suisse, die zusammen mehr als 30.000 Personen beschäftigen, dürften dabei die Hauptlast des Abbaus tragen, so die "Financial Times". In der Schweiz gebe es jedenfalls viele Überschneidungen zwischen den beiden Instituten.

"Viel stabiler aufgestellt als 2008"

Indes macht sich Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) angesichts der Credit-Suisse-Krise und der Probleme amerikanischer Regionalbanken keine großen Sorgen um Österreichs Banken. "Wir sind viel stabiler aufgestellt als 2008. Das sieht man auch daran, dass die Notenbanken schneller reagiert haben und schnell eine Lösung da war", so Kocher im Klub der Wirtschaftspublizisten. "Aber bei steigenden Zinsen sieht man, dass sich einzelne Banken nun schwerer tun. Wichtig ist, dass wir Lehren aus 2008 gezogen haben."

Aus der Sicht von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ist Europas Bankensystem nie an der Kippe gestanden. "Die Credit Suisse galt schon länger als Sorgenkind, was das wechselnde Management und Verluste mit Hedgefonds betraf. Auswirkungen auf das europäische Bankensystem sind laut Experten nicht gegeben", sagte Brunner den "Oberösterreichischen Nachrichten". Die europäischen Banken seien "mittlerweile besser beaufsichtigt". Und Österreichs Banken hätten "ihre Hausaufgaben gemacht", so Brunner. "Wir sind im ständigen Austausch mit Nationalbank und Finanzmarktaufsicht. Deren Experten bestätigen uns, dass die Banken aus der Finanzkrise gelernt haben."