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EU will Schlupflöcher im Finanzwesen schließen

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Wirtschaft

Kommissar Barnier: Selbstregulierung der Banken funktioniert nicht.


Brüssel. Nein, einen Krieg will Michel Barnier nicht führen. Der EU-Binnenmarktkommissar hat nach eigenen Angaben "keine Hexenjagd" auf Schattenbanken vor, jene Gebilde, die zwar auch auf dem Markt etwa der Kreditvergabe tätig sind, aber nicht der herkömmlichen Aufsicht unterliegen. Dennoch möchte die Brüsseler Behörde auch jenen Teil des Bankensektors stärker kontrolliert wissen - und so dazu beitragen, Schlupflöcher zu schließen. Zu diesem Zweck präsentierte Barnier ein Konsultationspapier, das nach Beratungen mit den Interessierten in Gesetzesvorschläge einfließen könnte.

Immerhin schätzt der internationale Rat für Finanzstabilität (FSB) das Volumen des weltweiten Schattenbanksystems 2010 auf etwa 46 Billionen Euro, was ein Viertel bis fast ein Drittel des gesamten Finanzsystems und die Hälfte aller Bankaktiva ausmacht. In Europa ist der Anteil geringer, in den USA aber noch höher: bis zu 40 Prozent. Die Unternehmen hätten auch ihre positiven Seiten, unterstrich Barnier. Sie bieten Anlegern Alternativen zu Bankeinlagen oder stellen eine zusätzliche Finanzierungsquelle dar.

Weniger überschaubar könnten allerdings die Risiken sein. So werden bestimmte Tätigkeiten der Schattenbanken durch kurzfristig aufgenommene Mittel finanziert, wobei das Risiko eines plötzlichen Mittelabzugs durch die Kunden besteht, heißt es etwa im Kommissionspapier. Auch könne der Anteil der Fremdmittel hoch sein - höher, als es eine übliche Regulierung erlauben würde. Und da Schattenbanken oft sehr eng mit dem regulären System verbunden sind, können ihre Schwierigkeiten - etwa eine Insolvenz - schnell auf den anderen Bankensektor übergreifen.

Daher, findet Brüssel, müssen die nationalen, aber auch die länderübergreifenden Aufsichtsbehörden darüber nachdenken, wie die Kontrolle über Schattenbanken verbessert werden kann. Das ginge über die indirekte Regulierung, also jene der Verbindungen zwischen dem Bankensystem und den Schattenbanken, die Ausweitung bestehender Regeln sowie den Erlass neuer spezieller Rechtsvorschriften.

Schwieriger Bankenwechsel

Schon jetzt gibt es in der EU an die zwei Dutzend Regulierungen und Maßnahmen zum Finanzwesen, die teils bereits beschlossen, teils noch im EU-Parlament beraten werden. So wurden etwa die Anforderungen zum Eigenkapital verschärft oder Vermögensverwaltern bestimmte Berichtspflichten auferlegt, die es Aufsichtsbehörden künftig erleichtern, Pensions- oder Wertpapierleihgeschäfte zu überwachen. Denn auch wenn Banken nun eine Überbürokratisierung beklagen könnten - eines ist für Kommissar Barnier klar: Die Selbstregulierung funktioniert nicht.

Als Beispiel führt Barnier die Verpflichtung der Banken an, die Mobilität ihrer Kunden zu erleichtern. Es erweist sich für Konsumenten aber noch immer als schwierig, von einer Bank zur Konkurrenz zu wechseln.

So haben Tests erst vor kurzem ergeben, dass der Transfer eines Bankkontos gar nicht so einfach ist. Acht von zehn Personen hatten damit Probleme - meistens, weil ihre Banken sie dabei nicht unterstützen wollten.