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Lehman-Desaster: Opfer wittern neue Chance, Prozesse bis EuGH-Entscheidung unterbrochen

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Oberrichter erwarten grundlegende Entscheidung zur Prospekthaftung.


Wien. Die Anlegeraffäre um das Asien-Währungswertpapier "Dragon FX Garant" der Pleite-Bank Lehman Brothers, das die frühere Constantia Privatbank vertrieben hat, bekommt einen neuen Drive.

Die Aviso Zeta, als "Bad Bank" Nachfolgerin der Constantia Privatbank, hatte sich bisher bis zum Obersten Gerichtshof mit ihrer Rechtsansicht durchgesetzt, dass sie im Werbefolder zum Wertpapier "Dragon FX Garant" keinen falschen Gesamteindruck über das Veranlagungsrisiko erweckt habe und auch keine Garantiezusage abgegeben habe.

Aufgrund der Lehman-Pleite im September 2008 schauen die Dragon-Anleger durch die Finger. Sie wollten sich daher am Verkäufer, der Constantia Privatbank, schadlos halten. Der Fall schien mit den zwei OGH-Entscheidungen aber für die Anleger de facto verloren, viele gaben auf.

Doch der Wiener Handelsrichter Friedrich Schlederer rief im Verfahren (15 Cg 60/09b) des mutmaßlich geschädigten Anlegers Michael T. den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, "zumal eine Vielzahl weiterer Verfahren mit derselben Fragestellung zur Prospektverordnung der Europäischen Union noch anhängig sind": War die Constantia Privatbank nach dieser EU-Verordnung "zur Veröffentlichung der grundsätzlich zwingend aufzunehmenden Informationen verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Billigung des Basisprospektes noch nicht bekannt waren, wohl aber zum Zeitpunkt eines Prospektnachtrages", will der Richter in seinem Vorabentscheidungsersuchen von den EU-Kollegen wissen. Laut Schlederer besagt die EU-Verordnung, "dass endgültige Bedingungen zu veröffentlichen sind". Bis zu einer Entscheidung des EuGH unterbrach auch Handelsrichter Stefan Kreitner seine Verfahren, unter anderen das des Anlegers Walter P. Beide Investoren werden von Anwalt Wolfgang Haslinger vertreten.

Mit Rekurs abgeblitzt

Doch der Anwalt der Constantia/Aviso Zeta legte gegen die Verfahrensunterbrechung beim Oberlandesgericht (OLG) Wien einen Rekurs ein. Der Richtersenat schmetterte die Beschwerde ab.

Das OLG Wien bestätigt zwar, dass der OGH in mehreren Parallelverfahren den auf die Prospekthaftung nach dem Kapitalmarktgesetz gestützten Klagen "keine Berechtigung zuerkannte".

Doch nach Auffassung des OLG-Senats unter Vorsitz von Klaus Dallinger "ist nicht auszuschließen, dass der EuGH europarechtlichen Normen, die Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens bilden und die für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Prospektveröffentlichung maßgeblich sind, in einer Weise auslegt, die zu einer anderen Einschätzung (als der des OGH) führen könnte". Für Anlegeranwalt Haslinger könnten somit die Karten neu gemischt werden: "Damit ist ausjudiziert, dass Prozesschancen noch gegeben sind."