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Japan meldet zweites Rekordhandelsdefizit in Folge

Von WZ-Korrespondentin Sonja Blaschke

Wirtschaft

Der Effekt des schwächeren Yens auf Exportwirtschaft lässt auf sich warten.


Tokio. Als um den Jahreswechsel eine japanische Fernsehstation Händler in der "Ameyoko", einer beliebten Einkaufsstraße in Tokio für Billigwaren, fragte, ob sich ihr Geschäft dank "Abenomics" verbessert habe, sagte eine klare Mehrheit: Nein. Die meisten Passanten seien nur zum Bummeln hier. Größere Ausgaben trauten sie sich nicht. Ebenso wenig deren Arbeitgeber: Die meisten Firmen sind mangels stabiler Erfolgszahlen bei Lohnerhöhungen weiter zurückhaltend. Bei den "kleinen Leuten" ist wenig von der gepriesenen Wirtschaftspolitik ihres amtierenden Premierministers Shinzo Abe angekommen.

Aber auch die Exportwirtschaft wartet noch auf den versprochenen "Abenomics"-Effekt, der auf die Abwertung des Yen setzte. Zwar stiegen die Exporte zum ersten Mal seit drei Jahren an. Doch das Plus von 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr war nicht genug, um die Importe auszugleichen. Sie waren im Vorjahresvergleich um 15 Prozent gestiegen. Das führte mit 11,47 Billionen Yen, umgerechnet 80 Milliarden Euro, zum zweiten Rekordhandelsdefizit in Folge. Der Fehlbetrag war rund zwei Drittel größer als 2012. Wenn sich der Trend fortsetzt, würde das die Voraussetzungen für Japan verschlechtern, die ständig steigende Staatsverschuldung von über 7,3 Billionen Euro in den Griff zu bekommen. Sie beträgt weit über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Als vor über einem Jahr der Yen seine Talfahrt begann und seither zum US-Dollar 18 Prozent an Wert eingebüßte, stieg die Hoffnung bei Japans Exporteuren auf höhere Gewinne. Doch weil sie ihre Preise bisher nicht, wie von den Kunden erhofft, senkten und nicht wenige ohnehin bereits mit ihrer Produktion ins Ausland abgewandert sind, blieb ein stärkerer Effekt aus. Hinzu kommt, dass japanische Produkte gegenüber der Konkurrenz aus Taiwan und China an Boden verlieren, etwa auf dem Smartphone-Markt. Ehemalige Vorzeigehersteller Japans wie Sony, Panasonic und Sharp sind nur mehr ein Schatten ihres alten Selbst. Sony wurde gerade von der Ratingagentur Moody’s auf den "Junk Status" heruntergestuft.

Ein weiterer Grund für das dritte Handelsdefizit in Folge sind die Nachwirkungen der Atomkatastrophe von Fukushima im März 2011. Seither lagen 50 Atomkraftwerke weitgehend still und stellten Japan vor die Aufgabe, eine Energielücke von 30 Prozent zu füllen. Inzwischen konnte zwar der Anteil der erneuerbaren Energien ausgebaut werden, aber das Gros des Energiebedarfs muss weiter über in Dollar abgerechnete Importe von Flüssigerdgas und Erdöl gedeckt werden.

Manche Fachleute vermuten, dass sich die Handelsbilanz wieder etwas relativiert, wenn im April 2014 die Mehrwertsteuer von fünf auf acht Prozent steigt und damit den Konsum und die Einfuhren bremst.