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Die mageren ersten Jahre

Von Aline Schröder

Wirtschaft
Die Idee kommt oft schnell - doch um Gelder müssen Jungunternehmer kämpfen.
© Matthias Tunger/Corbis

Gründer von Start-ups haben oft viele Ideen, aber wenig Geld: Deutschland will nun einen staatlichen Zuschuss bei Investitionen in junge Unternehmen steuerfrei stellen - in Österreich gibt es derartige Anreize nicht.


Berlin/Wien. Die Freiheiten einer eigenen Firma und die Möglichkeit, selbst etwas zu schaffen, hätten ihn und seinen Freund gereizt, erzählt Tom Kirschbaum. Deshalb hätten sie die Leitung einer privaten Universität abgegeben und den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Sie gründeten vor drei Jahren in Berlin das Unternehmen "Allryder", das über eine App Nutzern Informationen bereitstellt, wie sie sich schnell durch die Stadt bewegen können. Sie rangen um Gelder, bekamen Hilfe von Bekannten und Verwandten und konnten schließlich einen Investor für ihre Idee gewinnen.

"In den ersten Jahren kämpfen Start-ups immer mit der Finanzierung", sagt Kirschbaum. Sein Unternehmen überstand die schwierige Anfangsphase - anderen Start-ups fehlt dafür aber häufig das nötige Kleingeld. Abseits von Förderungen und Unterstützungsprogrammen mangelt es oft an Anreizen für Investoren, in Jungunternehmen zu investieren.

Die deutsche Bundesregierung plant deshalb in einem nun vorgestellten Gesetzesentwurf, den staatlichen Zuschuss von Wagniskapitalgebern steuerfrei zu stellen. Bereits seit Mai 2013 können Wagniskapitalgeber, das sind Privatpersonen oder speziell für solche Zwecke gegründete "Business Angel GmbHs", die Start-ups Kapital zur Verfügung stellen, 20 Prozent der investierten Summe vom Bund wieder zurückerhalten. Bisher musste der Invest-Zuschuss aber versteuert werden. Wenn es nach der deutschen Regierung geht, ist dieser Zuschuss des Staates bald steuerfrei.

Florian Nöll vom "Bundesverband Deutsche Start-ups" begrüßt das Vorhaben der Regierung, sagt jedoch, dies sei nach Einführung des Investoren-Zuschusses der einzig logische Schritt, da die Förderung andernfalls nicht attraktiv sei. Um in den Genuss des Invest-Zuschusses zu kommen, müssen Unterstützungswillige und Empfänger einige Kriterien erfüllen. So müssen mindestens 10.000 Euro in das Unternehmen investiert werden, dieses darf höchstens 50 Mitarbeiter haben, und der Jahresumsatz darf zehn Millionen Euro nicht übersteigen.

Auch Tom Kirschbaum hält den Invest-Zuschuss für einen Schritt in die richtige Richtung. Er dürfe jedoch bezogen auf die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für Start-ups nicht überbewertet werden. Denn von einer Gründerkultur, wie sie in den USA existiert, sei man in Deutschland noch weit entfernt. Um es Start-ups leichter zu machen, müsse sich die gesellschaftliche Einstellung zu jungen Unternehmen insgesamt ändern. Das Start-up "Allryder" konnte vom Wagniskapitalzuschuss nicht profitieren, da nur der erste Investor gefördert wird und schon vor Einführung der Regelung in das Unternehmen investiert wurde. Außerdem sei "die Kombinierbarkeit von Programmen von Förderbanken mit dem Zuschuss oftmals nicht gegeben" sagt er. "Allryder" hat es trotzdem geschafft und beschäftigt inzwischen 35 Mitarbeiter.

In Österreich gibt es keine vergleichbare Förderung

Obwohl die Bedeutung von Unternehmensgründungen für die Wirtschaft auch in Österreich immer wieder betont wird, gibt es keine vergleichbare staatliche Förderung von Investitionen in Start-ups. Die Junge Wirtschaft, die Interessenvertretung österreichischer Jungunternehmer im Rahmen der Wirtschaftskammer Österreich, schlägt schon länger einen Steuerfreibetrag für Start-up-Investoren über 50.000 Euro in fünf Jahren vor, um das vorhandene Risikokapital in Bewegung zu bringen. Das Finanzministerium lässt derzeit den Vorschlag durch Experten prüfen.

Auch Gerald Aigner, der CEO des jungen Unternehmens Reelworx in Wien, das etwa Filmproduktionen und IT-Dienstleistungen anbietet, wünscht sich attraktivere Rahmenbedingungen - sowohl für Investoren als auch für Start-ups. Insgesamt müsse man "ein kleines bisschen verrückt sein, um in Österreich ein Unternehmen zu gründen".

Gabriele Tatzberger von "Mingo", der Start-up-Initiative der Stadt Wien, verweist wiederum darauf, dass sich das Umfeld für Start-ups in den vergangenen Jahren stark entwickelt habe. So bezögen 60 Prozent der Start-ups Förderungen der öffentlichen Hand.

Staatliche Förderprogramme sind jedoch nicht für jedes Start-up geeignet. So wollen sich viele Unternehmer nicht auf Gelder verlassen, die zu einem späteren Zeitpunkt wegfallen können. Dazu kommt der Förderungsdschungel, durch den man sich, neben allen anderen organisatorischen Herausforderungen, als Jungunternehmer kämpfen muss. Am Ende bleiben oftmals nicht allzu viele lukrative Förderungsmöglichkeiten übrig. Hilfe bei der Orientierung können Initiativen wie "Mingo" oder Plattformen wie "AustrianStartups" bieten.

Letztendlich kommt es nicht nur auf Invest-Zuschüsse und Förderungen an, sondern auch auf die Unterstützung des Umfelds. So betont Kirschbaum, Unternehmensgründer könnten zwar in Deutschland auf einen größeren Markt zugreifen und somit schneller Fuß fassen, aber "die Risikobereitschaft in der Gesellschaft muss sowohl in Österreich als auch in Deutschland steigen". Denn ein bisschen verrückt muss wohl jeder Gründer sein.