Zum Hauptinhalt springen

Rinder statt Erze

Von WZ-Korrespondentin Barbara Barkhausen

Wirtschaft

Australiens Wirtschaft taumelt, Preise für Kohle und Eisenerz sind am Boden. Bergbaumagnaten flüchten in die Landwirtschaft.


Sydney. (ce) 23 Jahre ohne Rezession - Australiens jüngste Wirtschaftsgeschichte ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Zu verdanken hat der fünfte Kontinent den Aufschwung zum großen Teil dem Aufstieg Chinas und dessen schier unersättlichem Rohstoffhunger. Doch seit Monaten flaut die Nachfrage ab. Die Preise sowohl für Eisenerz wie auch Kohle sind eingebrochen: Eisenerz ist von einem Spitzenwert im Februar 2011 von 192 US-Dollar pro Tonne auf weniger als 70 Dollar gefallen. Auch die Kohlepreise fielen im selben Zeitraum um die Hälfte.

Unter Experten sage man bereits salopp: "The Party is over", wie der Bergbau- und Energieexperte Frank Leschhorn in Brisbane berichtet. Die Nachfrage habe sich insbesondere durch die schwächelnde Bauwirtschaft in China verringert. Aber auch Konkurrenz macht Australien zu schaffen: Eisenerz aus Brasilien, Kohle aus Indonesien und Steinkohle aus den USA überschwemmen den Weltmarkt.

"Bergwerksgesellschaften mit Eisenerz-, Kohle- und Metallerzbergbau werden in den kommenden Jahren verschwinden, sei es durch Zusammengehen mit anderen größeren Firmen oder durch Konkurs", prognostiziert Leschhorn. Gut positioniert seien nur die großen Gesellschaften wie Rio Tinto, Weltmarktführer BHP Billiton und Glencore. Die großen Bergbaumagnaten wie Andrew Forrest oder Gina Rinehart - Zweitere gilt als eine der reichsten Frauen der Welt - versuchen seit Monaten zu diversifizieren. So haben beide Rinderfarmen und Milchbetriebe aufgekauft, mit dem Ziel, nach Asien zu exportieren. Erst Ende Dezember machte Rinehart erneut Schlagzeilen, als sie sich in das Familienunternehmen Bannister Downs Dairy einkaufte, einen der größten Milchbetriebe Westaustraliens.

Doch der Drang des Landes, "Asiens Futterschüssel" zu werden und damit den Bergbauboom durch einen Lebensmittelboom zu ersetzen, ist laut der australischen Wirtschaftszeitschrift "BRW" nicht realistisch: "Unsere Farmen produzieren nur genug, um 60 Millionen Menschen im Jahr zu verköstigen", schrieb das Blatt im Vorjahr. Das ist bloß die dreifache Menge dessen, was im eigenen Land gebraucht wird.

Wachstum verringert sich

Auch die Analysten der US-Bank Morgan Stanley sehen die Zukunft der australischen Wirtschaft pessimistisch. Sie prophezeien einen Fall des australischen Dollars auf 76 US-Cents von derzeit 82 US-Cents, einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen von derzeit 6,3 auf 6,8 Prozent und einen nur schwachen Anstieg des Bruttoinlandproduktes von 1,5 Prozent. Eine Rezession sollte das Land jedoch vermeiden können. Experten zufolge steuert Australien in diesem Finanzjahr auf ein Defizit von 28,3 Milliarden Euro hin, was die Staatsverschuldung auf mehr als 240 Milliarden Dollar ansteigen ließe.

Die derzeitige liberal-konservative australische Regierung will nun in Infrastrukturprojekte investieren, um das Ruder wieder herumzureißen. Ein richtiger Ansatz, wie Kristian Wolf findet: "Infrastrukturprojekte sind über Jahre hinweg zu kurz gekommen, da herrschte ein chronisches Unterinvestment", sagt der Direktor der Deutsch-Australischen Handelskammer in Sydney. Nichtsdestotrotz könnten "weder die Agrarrohwaren noch die Infrastrukturprojekte das verlorene Milliardenvolumen der Rohstoffe von heute auf morgen wettmachen".