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Die Absage an den Freihandel

Von John Dyer

Wirtschaft
Trump wie Clinton wollen die heimische Industrie und Arbeitsplätze schützen. : reu/chris keane,ap,fotolia/ollimitmrolli,leigh prather

Sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump sagen im US-Wahlkampf "Nein" zu TTIP.


Boston. US-Präsident Barrack Obama befürwortet Freihandelsabkommen. Doch seine Nachfolge wird eine andere Politik verfolgen. Sowohl Hillary Clinton als auch Donald Trump stehen dem Abkommen ablehnend gegenüber.

Mit seiner scharfen Kritik an den Freihandelsabkommen der USA hat der republikanische Spitzenkandidat Donald Trump die Vorwahlen gewonnen. Auf seinen Wahlveranstaltungen führt er die Mehrheit zu lautstarkem Applaus, wenn er diese Handelsabkommen für den Niedergang der amerikanischen Industrie verantwortlich macht. Und nun schwenkt die demokratische Kandidatin Hillary Clinton auf genau diesen Kurs ein, obwohl sie Außenministerin war, als Präsident Barack Obama das Transpazifische Abkommen (TPP) aushandeln ließ.

Clinton schwenkt um

"Frühere Handelsabkommen sind dem amerikanischen Volk mit rosigen Szenarien verkauft worden, die sich nicht erfüllt haben", sagte Clinton am Donnerstag in einer Luftfahrtfabrik nahe Detroit. "Als Präsidentin würde ich mich gegen China stellen und jeden anderen, der versuchen würde, die Arbeiter Amerikas oder seine Firmen zu übervorteilen."

Die Ironie dabei ist, dass Clinton nicht nur TPP in ihrer Amtszeit gebilligt hat, das Freihandel zwischen den USA und anderen Pazifikanrainern vorsieht, aber China ausschließt. Sie bezeichnete es im Vorwahlkampf noch als "Gold-Standard" für Handelsbeziehungen. Der Name Clinton steht auch für das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta mit Kanada und Mexiko, das Präsident Bill Clinton 1994 unterschrieben hat. Nafta wird von Kritikern als Ausverkauf der US-Industrie und den Verlust von Millionen von Arbeitsplätzen an Billiglohnländer wie Mexiko gesehen. Die Menschen in Staaten wie Michigan und Ohio sind darüber noch heute empört. Und sie haben Hillary Clintons parteiinternen Rivalen Bernie Sanders zu Siegen in den Vorwahlen verholfen. Viele von ihnen sind inzwischen ins Trump-Lager gewechselt.

"Mehr als 800.000 pensionierte Mitglieder der Gewerkschaft United Auto Workers erinnern sich an Nafta", sagte Chefvolkswirt Sean McAlinden vom Center for Automotive Research in Michigan. Sie hätten nicht glauben können, dass "Slick Willy" (der schlaue Bill) und seine Frau jetzt dagegen zu Felde zögen. "Trump muss in Michigan und Ohio darauf pochen und er könnte beide Staaten gewinnen. Wir machen uns keine Sorgen um Einwanderung, wohl aber um Handel und um Waffen."

Diese Botschaft aus der einstigen Hochburg des Autobauens mochte Trump vernommen haben, als er am Montag vor dem Detroit Economic Club sprach: "Detroit wartet auf eine Entschuldigung von Hillary Clinton."

Trump: Sonderzölle für China

Trump hat bisher nur wenige Einzelheiten über seine künftige Handelspolitik preisgegeben. Aber in Detroit kündigte er Zölle von 45 Prozent für alle chinesischen Importgüter an. Damit würde das Handelsbilanzdefizit der USA von umgerechnet 326,5 Milliarden Euro gesenkt. Aber es käme wohl zu einem Handelskrieg mit China. Experten bezweifeln, ob die USA davon profitieren würden. Es sei vermutlich zu spät, durch höhere Zölle grundlegend etwas zu ändern, sagte der ehemalige Handelsbeauftragte von Präsident Ronald Reagan, Clyde Prestowitz. Wahrscheinlich würde China seine Währung abwerten, um die höheren Zölle auszugleichen.

Clinton: Keine Mauern

Hillary Clinton hat Trumps Vorhaben als unrealistisch bezeichnet. "Die Antwort kann nicht Toben und Schimpfen und die Selbstisolierung vom Rest der Welt sein", sagte Clinton. Trump schwinge große Reden über den Handel. "Aber sein Ansatz ist aus Furcht geboren. Furcht, dass wir mit dem Rest der Welt nicht konkurrieren können, auch wenn der Handel fair ist. Furcht, dass unser Land keine Chance hat, außer, sich hinter Mauern zu verkriechen."

Aber wie Trump kündigte auch Clinton an, sie werde die Zölle für alle Länder erhöhen, die keinen fairen Handel betreiben. Sie wolle einen Sonderstaatsanwalt berufen, der die Handelsbedingungen überwachen solle.

Nach drei Jahren erfolgloser Verhandlungen und bislang keiner Verständigung in einem einzigen Punkt plagt auch die europäische Seite vermehrt Zweifel an dem Abkommen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft darauf, die Angelegenheit mit Obama bis zum Ablauf seiner Amtszeit im Jänner 2017 zu fixieren.