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Klicken statt schleppen

Von WZ-Korrespondent André Anwar

Wirtschaft

Möbeldiscounter Ikea will sein Sortiment auch über konzernfremde Internethandelsriesen verkaufen.


Stockholm. (ce) Auch für alteingesessene Firmen ändern sich die Märkte im digitalen Zeitalter erheblich. Die Größe ist kein Garant mehr für zukünftige Erfolge. Ein Beispiel ist der Untergang von Nokia. Auch der Kleiderriese H&M hat den rechtzeitigen Übergang zum Onlinegeschäft teilweise verschlafen, seine Aktien sind in den vergangenen zwei Jahren um 30 Prozent gefallen.

Der weltgrößte Möbelkonzern Ikea hat das erkannt und will seine Vormachtstellung nun auch massiv im Internet sichern. Kunden, denen der Gang zu einem der abgelegenen Ikea-Warenhäuser zu mühselig geworden ist, weil viele Produkte inzwischen nur einen Internet-Click entfernt sind, will der Konzern über eine Zusammenarbeit mit konzernfremden Internethandelsprofis entgegenkommen. Dies bestätigte Martina Smedberg, Sprecherin der Ikea Group, der "Wiener Zeitung". "Wir sind offen gegenüber der Idee, zu testen, Ikea-Produkte durch andere Online-Plattformen als unsere eigenen verfügbar zu machen", betonte sie.

Das ist eine kleine Revolution. Noch nie zuvor wurden fabriksneue Ikea-Möbel außerhalb der eigenen blaugelben Kaufhäuser und der Ikea-Internetseite verkauft. Als mögliche Partner sind der Marktführer Amazon aus den USA und sein chinesischer Konkurrent Alibaba im Gespräch. "Ich lasse es offen, auf welchen Plattformen", sagte Ikea-Topmanager Torbjörn Lööf der Nachrichtenagentur Reuters.

Nur sieben Prozent des Umsatzes

Der schwedische Möbelgigant baut seine Verkaufsstrategie schon seit Jahren um. 2015 setzte der Konzern sich das Ziel, bis 2020 den Umsatz auf 50 Milliarden Euro nahezu zu verdoppeln. 2016 hat die Ikea Group ihren Onlineverkauf um 30 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro erhöht. Das sind aber bisher nur bescheidene sieben Prozent des Gesamtumsatzes von 34,2 Milliarden Euro.

Bisher war der Warenhausbesuch als Kerngeschäftsidee gewünscht, weil Kunden dann für gewöhnlich viel mehr einkaufen als geplant. Ikeas Warenhäuser sind laut Fachleuten labyrinthartig aufgebaut. "Der Trick ist, dass der Kunde auf eine Weise durch das Warenhaus geführt wird, die das Zurückgehen erschwert. Wenn man etwas sieht, stopft man es in den Einkaufswagen, weil man später nicht mehr an den gleichen Ort zurückkommt", erklärte etwa der britische Architekturprofessor Alan Penn der Zeitung "Times". Der Ikea-Effekt werde zusätzlich durch die Randlage der Möbelhäuser flankiert, im Sinne von: "Die Chance nutzen, wenn man schon mal da ist."

Kooperation mit Apple

Der Konzern will nun durch virtuelle Konzepte das Erlebnis eines Warenhausbesuches nachstellen. "Der Onlinekunde soll Inspiration und Tipps für ergänzende Käufe erhalten. So können Kunden virtuell sehen, wie ein Möbelstück in die eigenen vier Wände passt", sagte Ikea-Managerin Carole Bates in der Fachzeitschrift "Computer Sweden". Am Donnerstag gab Ikea die Zusammenarbeit mit dem IT-Riesen Apple bekannt.

Zur neuen Strategie gehört auch eine einfachere Zusammenbautechnik. Statt zu schrauben, sollen Möbel "zusammengeklickt" werden. Auch die Einrichtung von Ikea-Warenhäusern in Stadtzentren nahe den Kunden, wie bereits in Berlin und Hamburg geschehen, und auch der Test von kleineren Ikea-Filialen in Großbritannien gehören zur neuen Strategie. "Wir testen gerade europaweit neue unterschiedliche Ladenkonzepte. Insgesamt sind es rund 40 Testeinheiten", erklärt Smedberg.

Auch hat Ikea mehr logistische Vertriebspunkte errichtet, um im Internet bestellte Waren schneller ausliefern zu können. So werden in Spanien, Norwegen und Kanada zentrale Abholpunkte von Waren für Kunden getestet.