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Eine Reisewarnung, die rund um den Stephansdom bitter ist

Von Karl Ettinger

Wirtschaft

In der Wiener Innenstadt spüren Geschäftsleute schon seit der Maskenpflicht für Geschäfte seit Montag Kundenrückgänge. Jetzt kommt die deutsche Reisewarnung für Wien teils verschärfend dazu.


Das junge Paar aus dem deutschen Essen kann noch schmunzeln, auch wenn der Mann und die Frau als Urlauber nun schon mehrfach von den Reiseeinschränkungen ins Ausland betroffen sind. Gerade lassen sie sich auf dem Stephansplatz im Zentrum Wiens kurzfristig Tipps geben, was sie am Donnerstag, dem letzten Tag ihrer Städtereise nach Wien, noch anschauen sollten. Am Abend geht es dann mit dem Flugzeug zurück nach Nordrhein-Westfalen, wo ihnen ohne Corona-Test Quarantäne droht.

Sie nehmen es dennoch gelassen, dass Deutschland am Vorabend offiziell eine wichtige Entscheidung getroffen hat. Wien wird demnach wegen der hohen Corona-Infektionszahlen auf die rote Liste mit jenen Regionen gesetzt, vor denen deutsche Staatsbürger ins Ausland gewarnt werden. Bei der Rückkehr sind die verhängten strengeren Auflagen einzuhalten. Der dunkelhaarige junge Mann und seine Begleiterin haben die Städtereise nach Wien schon als Ersatzziel auserkoren, wie sie der "Wiener Zeitung" im Gespräch verraten. Die Balearen und Ibiza kamen schon wegen der Reisebeschränkungen als Urlaubsort nicht mehr in Frage, nach Griechenland wollte man aus diesem Grund auch nicht. Nun hat sie direkt bei ihrem Wien-Aufenthalt die weltweite Viruserkrankung mit den kurzfristig verhängten Schutzvorschriften erst wieder eingeholt.

Die ohnehin seit dem Corona-Lockdown Mitte März notleidende Stadthotellerie hat ihre schlimmsten Befürchtungen wegen der aktuellen Reisewarnung für Deutsche sofort geäußert. In kleineren Geschäften in der außerhalb von Corona-Zeiten sonst auch im September von Touristen gestürmten Wiener Innenstadt wurde allerdings bereits aufgrund der von der österreichischen Bundesregierung seit Montag null Uhr angeordneten Maskenpflicht in allen Läden sowie strengeren Auflagen für die Gastronomie ein Rückgang des Kundenverkehrs bemerkt.

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Das Geschäft hat seither auch bei einem Blumenladen am Stadtpark gelitten. Das hänge vor allem mit den strengeren Auflagen für Veranstaltungen zusammen, die Menschen abschrecken, erklärt die Floristin. Einschränkungen bei Veranstaltungen bedeuten auch weniger Blumen als Geschenke. Einen Rückgang an deutschen Touristen fürchtet man im Vergleich dazu weniger.

Bisher oft Österreicher und Deutsche als Gäste

Das ist allerdings nicht überall so - und trifft auch nicht nur die Hotellerie. Einer der Führer beim Stephansdom bringt die Folgen der coronabedingten Reiseeinschränkungen in den vergangenen Monaten auf folgenden Nenner: Im Sommer seien "hauptsächlich Österreicher und Deutsche" bei den Führungen gewesen: "Es findet jetzt sehr, sehr oft statt, dass nur Deutsch gesprochen wird." Daraus lässt sich abschätzen, was ein Ausbleiben eines Teils der deutschen Gäste für den Wiener Städtetourismus bedeutet. Das gilt auch für das Wahrzeichen der Bundeshauptstadt, den Stephansdom. "Finanziell gesehen ist es bitter", meint der bärtige Führer an diesem warmen Spätsommertag. Denn damit gebe es auch weniger Spenden für den Stephansdom. Dieser hat ohnehin schon schon darunter gelitten, dass der Südturm geschlossen sei, weil der enge Aufzug wegen der Corona-Auflagen nicht benützt werden darf.

Während sich sonst auch am Vormittag schon viele Besucher, die aus dem U-Bahn-Ausgang kommen, gegenseitig vor sich her in Richtung Fiaker und Rotenturmstraße schieben, können selbst Lieferfahrzeuge an diesem Donnerstag noch ungehindert durch die Fußgängerzone fahren. Vor allem die verschärfte Maskenpflicht seit Wochenbeginn ist auch bei einem Modegeschäft für Herren in der nahen Wollzeile schon spürbar gewesen. Die Laufkundschaft, darunter auch Touristen, ist weniger geworden. Hauptsächlich bleibt nun noch die Stammkunftschaft.

Mehr Zeit zum Kaffee-Genießen

Auch in der "Sonnentor"-Filiale ein wenig weiter kämpft man mit einem allgemeinen Kundenrückgang aufgrund der Corona-Krise. "Für uns hat es Auswirkungen, die Leute fehlen uns", schildert Geschäftsführer Oskar Klapal. Von Touristen, und damit auch von deutschen Gästen, ist sein Geschäft mit Vitalprodukten, nicht abhängig, wenngleich auch schon Reisende aus San Francisco oder Japan gezielt gekommen seien.

So mancher Beschäftigte in der Gastronomie kann dem deutlich geringeren Touristenstrom in der Innenstadt im Vergleich zu früheren Jahren aber auch positive Seiten abgewinnen. Dafür hätten Gäste jetzt mehr Zeit, den Kaffee im Freien zu genießen, schildert einer der Kellner im Cafe Diglas. Sonst sei der Kaffee oft eilig getrunken worden, auch weil andere Gäste schon sehnsüchtig auf einen freien Platz gewartet haben. Auch negative Entwicklungen, wie der Rückgang der Wien-Touristen haben mitunter eine oft unbeachtete positive Seite.