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Bösendorfer nur kurz aus dem Takt geraten

Von Karl Leban

Wirtschaft
Bösendorfer ist eine Manufaktur, auch heute noch wird fast alles von Hand gefertigt.
© Bösendorfer

Die Yamaha-Tochter sieht sich durch die aktuelle Auftragslage "wieder voll ausgelastet", zuvor war ein Großteil ihrer Belegschaft in Kurzarbeit.


Beim Klavierbauer Bösendorfer hat die Corona-Krise offenbar nur kurz für Misstöne gesorgt. Die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie scheint die österreichische Traditionsfirma jedenfalls gut weggesteckt zu haben. "Seit Mitte September sind wir wieder voll ausgelastet", sagt Bösendorfer-Chefin Sabine Grubmüller im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Die Auftragslage ist im Moment sehr gut."

In den Lockdown-Monaten war der Betrieb großteils lahmgelegt, erst mit dem Anziehen der Nachfrage im Juni wurde er nach und nach hochgefahren. Laut Grubmüller waren von den insgesamt 125 Beschäftigten des Unternehmens ab Mitte März 80 Mitarbeiter für sechs Monate auf Kurzarbeit gesetzt - und damit alle, die in der Klavierfabrik in Wiener Neustadt (Niederösterreich) in der Produktion beschäftigt sind.

Kündigungen gab es bisher keine. "Unser Ziel ist es, keine Mitarbeiter abzubauen", erklärt die Bösendorfer-Geschäftsführerin. Zumal das Unternehmen deren "Wissen und Erfahrung" ja brauche.

Nichtsdestotrotz wird die Viruskrise deutliche Spuren in der Bilanz der Klaviermanufaktur hinterlassen. Für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 (per Ende März) rechnet Grubmüller mit einem Umsatzeinbruch von 15 bis 20 Prozent, im Jahr davor hatte Bösendorfer noch Gesamterlöse von etwas mehr als 13 Millionen Euro erwirtschaftet. Auch für das Ergebnis sieht es alles andere als rosig aus. Hier seien rote Zahlen zu erwarten - voraussichtlich ein "kleines Minus", so Grubmüller.

"Yamaha war ein Rettungsanker"

Ein Verlust würde zwar die Gewinnserie der vergangenen Wirtschaftsjahre (ab 2014/15) beenden, wohl aber nur unterbrechen. Geht es nach Grubmüller, sollte Bösendorfer im kommenden Geschäftsjahr wieder auf die Erfolgsstraße zurückkehren. Das Unternehmen habe neue Klaviermodelle - darunter die Flügelserie "Vienna Concert" und der sogenannte "Secessionsflügel" - in der Pipeline, gehe neue Wege im Marketing und könne daher von der "verstärkten Nachfrage auf dem Privatmarkt" profitieren, erklärt die Managerin.

Lange Zeit steckte Bösendorfer tief in der Verlustzone fest. Die Firma galt als chronisch defizitär, als die Bawag sie Anfang 2008 an den japanischen Mischkonzern Yamaha verkaufte, der neben Hifi-Geräten und Motorrädern auch Klaviere und andere Musikinstrumente herstellt. Mit Bösendorfer wollten sich die Japaner eine Luxusmarke der Klavierbauer-Branche in ihr Portfolio holen. Unter ihrer Ägide ging es wieder aufwärts. Bösendorfer sei dabei neu aufgestellt worden. "Yamaha war ein Rettungsanker für uns", sagt Grubmüller heute.

Um das Unternehmen zu sanieren, musste freilich an mehreren Schrauben gedreht werden. So wurde etwa die Produktion am Standort in Wiener Neustadt gebündelt, während die Produktion in Wien-Wieden aufgelassen wurde, womit die relativ hohe Miete für den dortigen Standort wegfiel und damit - zur Entlastung der Kostenstruktur - ein nicht unerheblicher Brocken. Anmerkung am Rande: Neben dem Werk in Wiener Neustadt betreibt die von Ignaz Bösendorfer 1828 gegründete Firma noch einen Flagshipstore im Haus des Wiener Musikvereins sowie ein Service-Center in Wien-Favoriten.

Tiefe Einschnitte gab es in all diesen Jahren der Restrukturierung aber auch beim Personal. Hatte Bösendorfer beim Einstieg Yamahas noch rund 180 Mitarbeiter, sind es jetzt gut 30 Prozent weniger.

Als neuer Markt ist Australien dazugekommen

Laut Grubmüller verkauft Bösendorfer jährlich rund 300 Klaviere (heuer freilich weniger). Zu den wichtigsten Kunden gehören Musikausbildungsstätten, Konzert- und Opernhäuser sowie Privatpersonen. Europa (querbeet) ist dabei der Hauptmarkt, wichtig sind auch die Märkte in Übersee (USA, Kanada und neuerdings Australien) sowie in Asien (Japan, China, Taiwan und Vereinigte Arabische Emirate). Da im Unternehmen auch heute noch fast alles von Hand gefertigt wird, bewegen sich die Preise für einen "Bösendorfer" in eher lichten Höhen, die Bandbreite reicht von 34.000 bis 182.000 Euro. "Sondermodelle kosten mehr als 200.000 Euro", so Grubmüller. Die schärfsten Konkurrenten von Bösendorfer sind der US-Klavierbauer Steinway, die deutschen Herstellerfirmen Blüthner und Bechstein sowie Fazioli aus Italien.