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Der Traum vom Haus im Grünen

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
Für viele Menschen ist das Thema Wohnen im Grünen seit Ausbruch der Corona-Pandemie aktueller denn je.
© adobe stock / tonktiti

Der eskalierende Bodenverbrauch lässt die Alarmglocken schrillen, der ökologische Fußabdruck von Einfamilienhäusern ist katastrophal. Trotzdem sehnen sich mehr Menschen denn je danach.


Alle wollen zurück zur Natur, aber keiner zu Fuß. Dieser Spruch passt auch gut zum Traum vom Haus im Grünen. Nicht erst seit den Corona-Lockdowns steht das Eigenheim mit Garten ganz oben auf der Wunschliste der Österreicher. Vom Bausparer bis zum Fremdwährungskredit spart das Volk seit Generationen quasi lebenslänglich in Richtung Sehnsuchtsziel Nummer eins. Und nun soll das grundfalsch sein, umweltschädlich, nicht nachhaltig. Zusätzlich ist es auch noch immer schwerer finanzierbar.

In Deutschland lief kürzlich gar eine Debatte darüber, ob das Einfamilienhaus nicht verboten werden sollte. Die emotionalen Wogen gingen hoch, einige Ausläufer davon erreichten sogar die Alpenrepublik.

Bodenverbrauch, ein Thema, das zuvor allenfalls Ökologen beschäftigt hatte, ist mittlerweile in aller Munde. Die Umweltschutzorganisation WWF Österreich warnte: Mit dem aktuellen Bodenverbrauch von mehr als 13 Hektar pro Tag wird alle zehn Jahre in Österreich die Fläche Wiens neu verbaut. Der Flächenverbrauch wuchs in den vergangenen 20 Jahren fast dreimal so schnell wie die Bevölkerung. "Österreich ist Europameister im Bodenverbrauch", stellte Umweltministerin Leonore Gewessler dazu fest.

Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass Boden und Umwelt Ressourcen sind, die nicht endlos vorhanden sind. Die Problematik der ökologischen Folgewirkungen führt auch hierzulande, wenn auch noch viel zu langsam, zu einem Umdenken.

Corona-Stadtflucht - von Angebot und Nachfrage

Anlässlich des Lockdown-Jahres 2020 hat sich der Wunsch nach dem Wohnen im Grünen jedoch offenbar erst einmal verschärft. Die Kosten für die mittlerweile knapper werdenden Baugründe, vor allem rund um Wien, stiegen vergangenes Jahr inmitten der Pandemie ordentlich an.

Gleichzeitig ist es, insbesondere für Jungfamilien, aufgrund der aktuellen finanziellen Unsicherheiten, immer schwieriger das Eigenheim zu finanzieren, verlangen doch Kreditgeber immer höhere Quoten beim Eigenkapital. Zusammen mit den steigenden Grundstückspreisen platzen da gerade viele Lebensträume.

Im Fünfjahresvergleich stiegen die Preise für Einfamilienhäuser in Österreich um 38,5 Prozent an, allein im Jahr 2020 legten sie um 8,8 Prozent zu, konstatiert Immobilienspezialist Remax.

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Gleichzeitig geht das Angebot aktuell insbesondere rund um die Ballungsräume zurück und die Zahl der Verkäufe sinkt, hat das Maklernetzwerk beobachtet. Am wertvollsten sind Einfamilienhäuser im Speckgürtel rund um Wien. Am günstigsten sind sie im Waldviertel. Für 7,3 Häuser in Waidhofen an der Thaya kann man - statistisch gesehen - nur eines in Mödling bei Wien kaufen, rechnet Remax vor. Hat nun also die Corona-Krise eine Stadtflucht bewirkt? Nein, heißt es von Seiten des Maklernetzwerks. Allerdings, vor allem deswegen nicht, weil es nicht genug Angebote gibt, um den gehegten Wunsch auch in die Tat umzusetzen.

Ökologisch oder billig - beides geht nicht, oder?

Müssen sich die glücklichen Häuslbauer, die noch Baugrund und Finanzierung ergattert haben, jetzt auch noch schämen, weil sie unökologisch leben? Nach der Flugscham boomt die Haus-im-Grünen-Scham? Nun, was den Bodenverbrauch betrifft, spielen auch Straßenbau und Industrieflächen sowie Parkplätze nicht unerhebliche Rollen.

Zudem wird es  für Häuslbauer immer einfacher, die eigenen vier Wände klimafreundlicher auszustatten. Photovoltaik am Dach und die Ladestation fürs E-Auto in der Garage. Geheizt und gekühlt wird mittels Wärmepumpe und die Fassade ist ordentlich isoliert. Damit wäre man schon ganz gut unterwegs.

Jedoch, auch hier siegt oft der innere Schweinehund, oder vielmehr: der Blick auf die Kosten. Zwar haben die meisten Häuslbauer die besten Vorsätze, wenn es um die nachhaltige Ausstattung des Eigenheims geht. Blicken sie dann auf die dafür nötigen Investitionen, nehmen sie jedoch lieber die billigere Heizung, sparen sich die Solaranlage und fahren weiterhin mit dem Benziner in die Arbeit.

Und dennoch bleibt das Ökohaus, oder wie auch immer man es nennen mag, ein Thema, das uns in Zukunft begleiten wird. Immerhin steckt hier einiges Potenzial für den Klimaschutz drin. Ein freistehendes Einfamilienhaus verbraucht unausweichlich ein Vielfaches der Energie einer gleich großen Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus. Zu groß ist die Hülle, zu viel Emissionen werden beim Neubau des Traumhauses freigesetzt. Hinzu kommt, dass für die Grünruhelage zumeist ein längerer Weg in die Arbeit und für die täglichen Bedürfnisse notwendig ist, was zusätzlichen Verkehr verursacht.

Recycling als Zukunft für den Hausbau

Wie man es dreht und wendet, das Einfamilienhaus kommt nicht gut weg bei der Ökobilanz. Aber es gibt ein paar Denkansätze, wie Traum und Realität besser in Einklang zu bringen wären. Recycling spielt dabei eine große Rolle.

So ist, statt neu zu bauen, die Sanierung eines vorhandenen Hauses ökologisch sinnvoller. Das mag viele Laien derzeit aufgrund des nicht absehbaren Aufwandes noch abschrecken. Angesichts zunehmend rarer Baulücken in der Wunschgegend und restriktiverer Bauwidmungen der Gemeinden, könnte sich das Thema in den kommenden Jahren jedoch zum Massenmarkt entwickeln.

Immerhin stehen viele Ortschaften vor der Problematik, dass bestehende Häuser im Zentrum leer stehen, rund um den Ortskern aber immer mehr Neubauten auf der grünen Wiese gebaut werden. Es ist also auch im Interesse der Gemeinden, diese Art von Hausbau zu forcieren und so zusätzlich ihre Klimabilanz zu verbessern.

Hinzu kommt seit einiger Zeit das Bestreben, Baumaterial zu recyclen: Steine, Holz, Fenster, Leitungen oder Fliesen aus alten Häusern können für neue Bauprojekte wieder eingesetzt werden. Das heißt dann Re-Use und setzt den Grundsatz der Kreislaufwirtschaft für die Baubranche um.

In Wien gibt es hierzu die Firma Baukarussell, die den Recyclinggedanken gleich in eine soziale Richtung weiterentwickelt hat und mit ihrem "Social Urban Mining" als Geschäftsmodell bereits einige Großprojekte betreut.

Seit 2017 ist Baukarussel als Anbieter von "verwertungsorientiertem Rückbau" bei größeren Bauvorhaben dabei, wie etwa beim Wiener Glaspalast (ehemals Rechenzentrum der Stadt Wien) und dem früheren Coca-Cola-Werk. Derzeit wird das Material der Volkshochschule Stöbergasse, so weit möglich, am gleichen Standort in die neu entstehenden Sozialbau-Wohnungen verbaut.

Wenn dann künftig gleich von Beginn eines Bauvorhabens an so gebaut wird, dass die Materialien für eine weitere Verwendung geeignet sind, steht echtem Recycling in der Bauwirtschaft nichts mehr im Wege. Das würde sich tatsächlich positiv auf den ökologischen Fußabdruck auswirken, sogar bei Einfamilienhäusern.