Zum Hauptinhalt springen

Österreich hat Projekte für Wiederaufbaufonds eingereicht

Wirtschaft

Österreich hat 600 Seiten zum Corona-Aufbau nach Brüssel geschickt. Sozialpartner beklagen fehlende Einbindung.


Österreich hat seinen Plan für den europäischen Wiederaufbaufonds eingereicht. Das berichtete Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Mittwoch im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Es wird davon ausgegangen, dass 3,5 Milliarden für Projekte fließen, wobei ein Schwerpunkt auf Digitalisierung und Ökologisierung liegt. Zur Erinnerung, die EU-Staaten haben sich auf einen 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds geeinigt. Das Geld soll in allen Mitgliedsstaaten vorrangig in Klima, Digitalisierung und Bildung fließen.

Laut EU-Budgetkommissar Johannes Hahn wird die Beurteilung des 600-Seiten-Papiers aus Österreich dauern. Die ersten Reaktionen seien aber "sehr positiv gewesen". Für Kurz gewährleistet dieser wirtschaftliche "Comebackplan", dass Zukunftsjobs geschaffen würden und auf die schwierigen Monate jetzt gute Jahre folgen würden. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betonte, dass man in manchen Bereichen sogar besser aus der Krise kommen werde, weil eben modernere Schwerpunkte gesetzt würden.

Zusätzliche Wertschöpfung

Der als Post-Covid-Programm aufgesetzte EU-Recovery-Fund, als Aufbau- und Resilienzplan ermöglicht den europäischen Mitgliedsstaaten nicht rückzahlbare Zuschüsse für nachhaltige und klimarelevante Investitionen. Dieser Plan wird in die drei Themenblöcken "Arbeit", "Ökologisierung & Digitalisierung" sowie "Standortstärkung" gegliedert, die jeweils von einem Minister zentral betreut und mit den zuständigen Fachministerinnen und Fachministern im Detail verantwortet werden. Ziel ist es, damit innerhalb eines Jahres eine halbe Million Menschen wieder in reguläre Beschäftigung zu bringen.

Für die Stärkung des Standorts will die Bundesregierung Österreich möglichst wettbewerbsfähig innerhalb der Europäischen Union positionieren, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Man wolle Anreize setzen, in Österreich zu investieren und ausländische Betriebe anzusiedeln.

Klimaschädliche Investitionen verboten

Laut EU darf es jedoch keine Investitionen in die fossile Wirtschaft geben, sondern ausschließlich in saubere Energien. "Das ist ein Novum", so Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne). Beim Klimaschutz sei der größte Schwerpunkt der Verkehr, für den 850 Millionen eingesetzt werden sollen. Jeweils 350 Millionen seien für Projekte in den Bereichen Kreislaufwirtschaft und Artenvielfalt beziehungsweise Energiewende und Klimaschutz in der Industrie reserviert. Denn der sorgsame Umgang mit Ressourcen und Artenvielfalt werde ebenfalls ein Schwerpunkt sein, so Gewessler.

Laut Gewessler sind 46 Prozent der eingereichten Forderungen im Bereich Ökologie angesiedelt. 41 Prozent der Mittel sollen in die Digitalisierung fließen.

Die Opposition hatte in den vergangenen Wochen öfters bekrittelt, dass Österreich seine Pläne zu spät einreiche. Diesem Vorwurf traten Blümel und Edtstadler entschieden entgegen. Sie verwiesen auf umfangreiche Vorgespräche mit Gebietskörperschaften und Sozialpartnern. Bis 30. April müssen die EU-Staaten ihre konkreten Pläne für das Geld aus dem 750-Milliarden-Euro-Programm bei der EU-Kommission einreichen. Danach prüft die Behörde die Vorhaben auf die Finanzierungsziele für Grünes und Digitales. Nur, wenn diese durchgewunken werden, fließen die 3,5 Milliarden Euro.

Das Geld soll dann ab 2022 tatsächlich verfügbar sein so Blümel. Welche konkreten Projekte nun tatsächlich damit umgesetzt werden, ist weiterhin unklar. Es seien insgesamt 180 Vorschläge von Unternehmen, NGOs und aus der Wissenschaft eingebracht worden. Auch hier wurde Kritik laut, dass keine öffentliche Debatte über die vorgeschlagenen Projekte und die Einreichung geführt wurde.

Erst Anfang der Woche hat die Bundesregierung ihren eigenen "Comebackplan" vorgestellt. Auch dieser beinhaltet, wie der Recovery-Fund der EU, die wesentlichen Inhalte Klima, Digitalisierung und Weiterbildung. Welchen Anteil der EU-Aufbauplan am Comebackplan ausmacht und welche zusätzlichen Projekte in die Wege geleitet werden, werde noch erarbeitet, hieß es Anfang der Woche auf Nachfrage aus dem Finanzministerium. Ebenso ob und wie viele zusätzliche Mittel zu den 3,5 Milliarden der Bund in die Hand nimmt. Viele der eingereichten Vorhaben finden sich auch im Regierungsprogramm wieder. Dazu zählen etwa der Breitbandausbau, öffentlicher Verkehr oder Ökologisierung des Standortes.

Kritik von Sozialpartner

Die Sozialpartner übten nach dem Ministerrat Kritik am Vorgehen der Regierung rund um die Einreichung. "Die EU hat die Einbindung der Sozialpartner bei der Erstellung der Nationalen Pläne dezidiert vorgegeben. Das ist in Österreich nicht geschehen.

Dass wir nun aus den Medien erfahren, dass der österreichische Plan bereits an die EU-Kommission übermittelt wurde, ist nicht in Ordnung", so Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung. Mitte Februar habe es ein Treffen der Arbeitnehmervertreter mit EU-Ministerin Edtstadler geben, bei dem man um Einbindung in die Konzepterstellung gebeten habe. Das sei nicht passiert. Über ein fertiges, eingereichtes Konzept zu sprechen, sei keine Beteiligung, so Anderl. (temp/del)