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Eine Anwältin, keine Managerin

Wirtschaft

Edith Hlawati hat sich im Rennen um den Öbag-Chefposten durchgesetzt. Sie kommt mit 1. Februar 2022.


Nun ist es fix: Die Wiener Wirtschaftsanwältin Edith Hlawati wird bei der Öbag, der Österreichischen Beteiligungs AG, das Steuer im Vorstand übernehmen. Das hat der Aufsichtsrat der Staatsholding am Freitag in einer außertourlichen Sitzung einstimmig beschlossen. Wie ihr Vorgänger Thomas Schmid, der im Zuge der Ibiza-Affäre und kompromittierender Chats um mutmaßlichen Postenschacher den Chefsessel vorzeitig räumen musste, wird auch Hlawati künftig als Alleinvorstand an der Führungsspitze der Öbag stehen.

"Ich freue mich, auf bewährten Strukturen aufzubauen und Kontinuität gewährleisten zu können", sagte die 64-Jährige nach ihrer Ernennung. "Ich bin der Öbag seit vielen Jahren beruflich sehr verbunden und kann meine Expertise rund um die Staatsholding nun auch operativ als unabhängiger Vorstand einbringen."

123 Bewerbungen

Kurz vor ihrer Wahl war Hlawati in den Medien als Favoritin gehandelt worden. In Summe hatten sich 123 Personen um den Chefposten in der Öbag beworben. Immer wieder war zuletzt auch der Generaldirektor von Siemens Österreich, Wolfgang Hesoun, als Favorit kolportiert worden. Nach der Affäre um Schmid sei Hesoun, der als SPÖ-nahe gilt, als "mögliches Statement gegen Postenschacher" in Frage gekommen, hatte es geheißen. Letztlich setzte sich dann aber doch Hlawati durch.

"Da es sich nun aber abzeichnet, dass das Anforderungsprofil für diese Funktion nicht mehr mit Industrie- und Managementerfahrung im Zusammenhang steht, haben sich die Voraussetzungen für die Übernahme dieser Aufgabe geändert und sind daher – in dieser Form – nicht weiter von Interesse für mich", ließ Hesoun in einer Aussendung wissen.

Geplant ist, dass Hlawati am 1. Februar 2022 die Öbag-Führung von Interims-Chefin Christine Catasta übernimmt. In Wirtschaftskreisen wird der international anerkannten Anwältin, die der ÖVP nahesteht, viel Fachkompetenz zugesprochen. Dass jedoch eine Juristin anstelle einer Managerin an die Spitze der Öbag tritt, scheint ungewöhnlich, zumal vor Schmid im Regelfall Manager aus der Wirtschaftswelt zur Verwaltung der Staatsbeteiligungen (darunter börsennotierte Kaliber wie OMV, Telekom und Post) bestellt wurden.

Kein Vier-Augen-Prinzip

Florian Beckermann – er ist geschäftsführender Vorstand des Interessenverbandes für Anleger – streut Hlawati zwar Rosen: "Sie ist eine gute Wahl und hat definitiv mehr Erfahrung und Renommee als Thomas Schmid." Aus seiner Sicht wäre es aber "gut gewesen, im Vorstand der Öbag auch ein Vier-Augen-Prinzip einzuführen, wie das international üblich ist."

Die SPÖ kritisierte am Freitag ebenfalls, dass der von Experten geforderte Zweier-Vorstand bei der Öbag weiter fehle. Stattdessen habe es nun "erneut eine von der ÖVP dirigierte und vorher abgemachte Bestellung" gegeben, das tue dem Ansehen der Öbag nicht gut, gab SPÖ-Klubvize Jörg Leichtfried zu bedenken.

"Öbag-Aufsichtsratsvorsitzender Helmut Kern hätte ein ordentliches und zumindest teilöffentliches Auswahlverfahren durchführen müssen", meinte Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos. "Dann hätte die Besetzung jetzt nicht den ,Hautgout‘, dass letztlich die ÖVP-Nähe von Frau Hlawati den Ausschlag gegeben hat – auch wenn das vielleicht gar nicht der Fall ist."

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gratulierte Hlawati hingegen und nannte sie eine "ausgewiesene Finanzmarktexpertin". Indes hofft Beckermann, dass Hlawati die Öbag wieder in ruhiges Fahrwasser führt: "Was wir brauchen, ist Stabilität." (kle/del)