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Voestalpine stimmt wieder auf härtere Zeiten ein

Von Karl Leban

Wirtschaft
Das neue Edelstahlwerk im steirischen Kapfenberg, laut Voest das weltweit modernste seiner Art, soll im Sommer den Betrieb aufnehmen.
© Voestalpine

Für den Konzern war 2021/22 ein Rekordjahr, doch jetzt muss er seine Erwartungen zurückschrauben.


Nach dreijähriger Durststrecke hat es die Voestalpine zuletzt geschafft, wieder zur Höchstform aufzulaufen. Vor allem dank einer durch Corona aufgestauten Nachfrage verbuchte der Linzer Stahltechnologiekonzern in dem per 31. März beendeten Geschäftsjahr 2021/22 Rekordwerte bei Umsatz und Gewinn. Das ist erfreulich, inzwischen jedoch bereits Vergangenheit. Denn der Ausblick des Managements auf das Geschäft im neuen Wirtschaftsjahr ist eher durchwachsen und von vielen Unsicherheiten geprägt.

Zumindest noch bis zum Sommer sieht Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner eine gute Nachfrage. Wie es danach - im zweiten Halbjahr 2002 - weitergeht, sei derzeit aber "kaum einschätzbar", wie er am Mittwoch in der Bilanzpressekonferenz sagte. Die Rahmenbedingungen seien jedenfalls schwierig. Eibensteiner verwies dabei nicht nur auf die Konjunktur, die sich gerade weltweit einzutrüben beginnt, und Russlands Ukraine-Krieg mitsamt den Sanktionen des Westens, sondern auch auf die exorbitant gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise, die anhaltenden Probleme in den globalen Lieferketten und die noch nicht ganz bewältigte Covid-19-Pandemie.

Vor diesem Hintergrund geht der Konzernchef für das neue Geschäftsjahr von einem schwächeren operativen Ergebnis (Ebitda) aus. Hatte das börsennotierte Unternehmen 2021/22 vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen 2,3 Milliarden Euro verdient und damit mehr als doppelt so viel wie im Jahr davor, werden es 2021/22 mit voraussichtlich 1,8 bis 2,0 Milliarden Euro deutlich weniger sein.

Indes bereitet die Gasversorgung mit Blick auf Russland, den Hauptlieferanten, so wie anderen heimischen Industriebetrieben auch der Voestalpine weiterhin gewisse Sorgen. "Für uns ist es besonders wichtig, dass die Versorgung mit Gas aufrecht bleibt", betonte Eibensteiner. "Ein Gasembargo wäre für die Voestalpine und wahrscheinlich für die gesamte europäische Industrie ein sehr schwieriges Thema."

Autobranche schwächelt

Ein Importstopp für russisches Gas würde demnach große Teile der Produktion lahmlegen und etwa die ohnehin wirtschaftlich angespannte Situation in der für Europa so wichtigen Autoindustrie noch drastisch verschlimmern. Peter Schwab, zuständiger Vorstand für die Voestalpine-Autozuliefersparte, berichtete, dass die europäische Autoproduktion aufgrund des Halbleitermangels sowie fehlender Kabelbaum-Lieferungen aus der Ukraine derzeit lediglich zwei Drittel ihres Corona-Vorkrisenniveaus erreiche. In Deutschland sei es zuletzt gar nur rund die Hälfte gewesen, womit sich die dortige Produktion auf dem Niveau von 1974/75, den Jahren der Ölpreiskrise, bewege. Dennoch sprach Schwab für den Geschäftsbereich Automotive von einer "zufriedenstellenden Performance" im abgelaufenen Geschäftsjahr.

Auch wenn das Unternehmen hier von unterbrochenen Lieferketten und damit verbundenen Produktionskürzungen stark betroffen war: Alles in allem erwies sich die Nachfrage in fast allen Kundenbranchen "äußerst robust". So zeigte der Bereich Bahninfrastruktur (Schienen und Weichen) eine stabile Entwicklung auf hohem Niveau. Ebenso positiv verlief das Geschäft im Luftfahrtsegment, das sich - von der Pandemie zunächst massiv getroffen - nun wieder erholt, aber dank der gestiegenen Öl- und Gaspreise auch das Geschäft mit Kunden aus dem Energiesektor. Weiter profitiert hat die Voestalpine daneben auch vom Boom im Bereich Lagertechnik und Hochregallager, der primär vom stark wachsenden Onlinehandel getragen wird.

Den Gesamtumsatz hat der oberösterreichische Konzernriese 2021/22 um rund 37 Prozent auf gut 4,9 Milliarden Euro gesteigert und den Betriebsgewinn (Ebit) auf fast 1,5 Milliarden mehr als vervierfacht (siehe Grafik).

Laut Finanzvorstand Robert Ottel hat dazu neben höheren Produktmengen auch beigetragen, dass die massiven Teuerungen bei Energie und Rohstoffen den Kunden weiterverrechnet werden konnten. Mit 1,20 Euro je Anteilsschein sollen die Aktionäre nun eine gegenüber dem Vorjahr mehr als doppelt so hohe Dividende kassieren.

Neues Edelstahlwerk

Dass der Konzern auf einem Kapitalpolster von erstmals mehr als sieben Milliarden Euro sitzt, soll indes unter anderem auch dem Klimaschutz zugutekommen. Bis 2027 will die Voest, die als Österreichs größte Emittentin von Kohlendioxid gilt, ihren CO2-Ausstoß um rund 30 Prozent reduzieren, ab 2050 soll die Stahlerzeugung dann CO2-frei sein (das Projekt läuft unter dem Namen "Greentec Steel"). Dafür sind freilich noch Milliarden-Investitionen notwendig.

Ein anderes Großprojekt, das neue Edelstahlwerk im steirischen Kapfenberg, ist unterdessen bereits so gut wie abgeschlossen. Ab dem Sommer soll es schrittweise hochgefahren und im Herbst dann in Vollbetrieb genommen werden. Das Werk, das weltweit modernste seiner Art, ist für eine Jahresproduktion von bis zu 205.000 Tonnen Spezialstahl ausgelegt und sichert nach Angaben der Voestalpine rund 3.000 Jobs. Die Endabrechnung für die Kosten des Baus liegt noch nicht vor, die Rede ist jedoch von 385 bis 420 Millionen Euro.