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Wird der Treibstoff knapp?

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
Die Spritversorgung im Land ist derzeit schwieriger.
© reuters / Bernadett Szabo

Nach dem Unfall in der OMV-Raffinerie im Juni drohen Engpässe. Österreich hat weitere Notfallreserven freigegeben.


Erst war es nur ein Rauschen im Medien-Blätterwald, nun ist es Gewissheit: Beim Sprit gibt es in Österreich Engpässe seit dem Unfall in der OMV-Raffinerie in Schwechat. Daher beschloss der Hauptausschuss des Nationalrats am Montagabend, weitere 100.000 Tonnen Diesel und 45.000 Tonnen an Halbfertigfabrikaten freizugeben.

Als EU-Mitglied ist Österreich verpflichtet, Erdölvorräte zu halten, die den durchschnittlichen Importen von 90 Tagen entsprechen. Davon wurden unmittelbar nach dem Raffinerieunfall Anfang Juni bereits 112.000 Tonnen Diesel und 56.000 Tonnen Benzin freigegeben. Insgesamt reduzierten sich die heimischen Erdöl-Pflichtnotstandsreserven damit um rund sechs Tage.

Die nun beschlossene Maßnahme sei notwendig, um die Versorgung mit Treibstoff, besonders in der nachfragestarken Urlaubssaison, zu garantieren, heißt es dazu in der Parlamentskorrespondenz.

Ebenfalls dort wird auch eine OMV-Expertin zitiert, die den Raffinerie-Unfall als "die größte Krise in der Geschichte der Raffinerie Schwechat" bezeichnet. Der Konzern schätzte die finanziellen Auswirkungen des Unfalls zuletzt auf rund 200 Millionen Euro ein.

Von den nun freigegebenen Notfallreserven werden die Halbfabrikate der OMV zur Weiterverarbeitung übergeben, weil nur sie eine Raffinerie betreibt. Die 100.000 Tonnen Diesel hingegen werden unter allen Marktteilnehmern gemäß einem Verteilungsschlüssel aufgeteilt.

Alternative Versorgung

Vonseiten der OMV versucht man am Dienstag wieder zu beruhigen. So erklärt Konzernsprecher Andreas Rinofner auf Nachfrage der "Wiener Zeitung", der Mineralölkonzern habe bereits unmittelbar nach dem Vorfall in der Raffinerie ein "alternatives Versorgungssystem" aufgebaut. Seither wird mehr am internationalen Markt eingekauft sowie die Zusammenarbeit mit Partnern wie Shell, BP oder Eni intensiviert, um die Knappheit auszugleichen. Drei Viertel der Marktversorgungen seien damit im Allgemeinen sichergestellt.

Aber: "Im Sommer kommt es traditionell immer wieder zu Einschränkungen der Transportkapazitäten. Wir trachten zwar danach, die gesamte Menge aufzustellen. Tageweise kann es jedoch zu Lieferproblemen kommen."

Derzeit etwa hat die Deutsche Bahn Zugtransporte kurzfristig storniert und noch nicht neu geplant. Durch Blitzschlag fällt eine Dieselquelle in Deutschland aus und 200.000 Tonnen Halbfabrikate können aufgrund ihrer Qualität nicht verpumpt werden. Zudem kommt es im Hafen Koper in Slowenien zu Personalausfällen.

"Durch die Freigabe der Notfallreserven haben wir nun aber Zugriff auf diese und können in solchen Fällen ausgleichen", so der OMV-Sprecher. Ein Teil der staatlichen Notfallreserven ist übrigens direkt in Tanks in der Raffinerie Schwechat gelagert, womit sie jederzeit und ohne weitere Transportwege verfügbar sind.

Sorgenkind Diesel

Beim Diesel sei die Situation allerdings generell angespannter als beim Benzin, erläutert Rinofner dann. Das betreffe nicht nur Österreich, sondern ganz Europa, da Diesel in hohem Ausmaß importiert werde - auch aus Russland. Benzin hingegen produzieren die europäischen Raffinerien eher selbst, es sei daher leichter verfügbar. Eine kurzfristige Umstellung auf mehr Diesel-Produktion in Europa hält er aufgrund der langen Vorlaufzeiten und der hohen Kosten für unrealistisch.

Back to normal

Ende September soll die beschädigte Anlage in der Raffinerie Schwechat laut OMV-Einschätzung wieder hochgefahren werden können. Die Reparatur laufe derzeit in einem Drei-Schicht-Betrieb, hieß es.

Wie lange es dann noch dauert, bis alles wieder wie zuvor läuft? Konzernsprecher Rinofner gibt an, dass in Schwechat pro Jahr 9,6 Millionen Tonnen Rohöl verarbeitet werden. Daher sei eine Rückkehr zur Normalität wohl "sehr schnell machbar".