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Führungskraft in Teilzeit: Geht das?

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Teilzeitmodell wird vor allem von Frauen genutzt. | Auch das Team der Teilzeitchefs muss mitspielen. | Spagat zwischen Beruf und Privatleben.


Wien. Nicht besonders anspruchsvoll und schlecht bezahlt, keine Aufstiegsmöglichkeiten: Teilzeitarbeit hat hierzulande nicht gerade das Image, besonders förderlich für die Karriere zu sein. Speziell für Führungskräfte scheint Teilzeit unvorstellbar zu sein. Das gängige Bild, das man sich von Chefs in der Öffentlichkeit macht, ist das gut ausgebildeter, hoch qualifizierter und überdurchschnittlich einsatzbereiter Kontrollfreaks, die mindestens 60 Stunden pro Woche in ihrem Beruf aufgehen. Teilzeit passt hier nicht ins Bild.

Dass es dennoch funktionieren kann, zeigt Katja Kienzl, Marketing-Managerin beim Halbleiterhersteller Infineon, vor. Die Absolventin der Technischen Universität Graz, die in einer Patchworkfamilie mit Mann und drei Kindern lebt, leitet ein fünfköpfiges Team - in Teilzeit. „Ich habe mit meinem Arbeitgeber einen 80-Prozent-Job vereinbart. Das heißt: 32 Stunden in der Woche”, erzählt Kienzl. Wobei sie - abgestimmt mit ihren Mitarbeitern - versucht, ihr Pensum an vier Tagen zu erledigen. Kienzl: „Freitags bin ich zuhause und über das Home Office erreichbar.” Verwundert und überrascht reagiere so mancher auf die Tatsache, dass sie eine „Teilzeit-Chefin” sei. Kienzl: „Bei den meisten schwingt aber der Wunsch mit, dass das in ihrer Firma auch ginge.”

Es geht auch mit noch weniger Stunden - zumindest im Büro: Gleich um 50 Prozent hat Karin Kiedler, Leiterin der Marktforschung der Erste Bank Österreich, ihre (offizielle) Arbeitszeit nach der Geburt ihres Sohnes reduziert. „Ich wollte nicht rund um die Uhr im Büro arbeiten und mein Kind am Abend nur mehr schlafend sehen”, sagt die Psychologin.

Kindergeplapper imHintergrund

„Es kommt schon einmal vor, dass man bei Telefonaten mit mir im Hintergrund Kindergeplapper hört, wenn ich abends von zuhause weiter arbeite. Eine der größten Herausforderungen ist die Terminkoordination, weil ich nur an drei Tagen die Woche im Büro bin.” Hier sind Flexibilität und Organisation gefragt. Die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen und sind nicht mehr klar gezogen. Kiedler: „Damit kann ich aber gut leben, dank digitaler Vernetzung kann ich auch von zuhause rund um die Uhr Arbeiten erledigen.”

Während ihrer Abwesenheit halten ihre beiden Mitarbeiterinnen im Büro die Stellung. Auch von ihrem Partner bekommt sie vollste Unterstützung, „sonst würd’s nicht klappen”.

Auch Monika Voglgruber, Pressesprecherin und Leiterin der Unternehmenskommunikation der Heimwerkerkette Baumax, ist mit ihrer 35-Stunden-Woche keine typische österreichische Führungskraft. Laut einer 2010 durchgeführten Umfrage des Beratungsunternehmens Triconsult im Auftrag des Wirtschaftsforums der Führungskräfte (WdF) kommen Managerinnen und Managern der ersten und zweiten Führungsebene auf durchschnittlich rund 53 Stunden wöchentliche Arbeitszeit. Auch 60 Stunden oder mehr sind keine Seltenheit.

Dass es Voglgruber mit weniger Stunden schafft, obwohl das Büro ab 8 Uhr besetzt sein muss und sie seit drei Jahren im „Nebenjob” Mutter ist, verdankt sie dem guten Zusammenspiel in ihrem dreiköpfigen Team. „Mein Arbeitgeber fragt nicht danach, wie ich meine Arbeit erledige. Ich kann vieles ortsungebunden per Telefon machen”, erzählt Voglgruber. Dass sie nicht so wie früher ständig im Büro präsent sei, sei auch gut für ihr Team. „Meine Mitarbeiter sind viel selbständiger geworden und trauen sich mehr zu.”

Laut dem aktuellen Führungskräfte-Monitor, den das Institut Sora für die Arbeiterkammer Oberösterreich erstellt, arbeiten in Österreich rund sechs Prozent der Männer in leitenden Positionen in Teilzeit, das heißt: weniger als 35 Stunden die Woche. Bei den Frauen sind es 28 Prozent.

„Eine sehr persönliche Geschichte”

„Teilzeit bei Führungskräften halte ich generell weder für gut noch für schlecht. Das ist eine sehr persönliche Geschichte”, sagt Roland Graf, Generalsekretär des WdF, des größten unabhängigen Führungskräftenetzwerks Österreichs. Natürlich biete sich diese Lösung für Frauen an, die nach der Karenz rasch wieder in den Beruf einsteigen und ihren alten, verantwortungsvollen Posten behalten wollen. Teleworking und Home Office seien eine gute Sache, aber nicht in allen Bereichen sei es möglich, die Arbeitszeit zu reduzieren beziehungsweise frei einzuteilen. Graf: „Je projektbezogener die Arbeit ist, desto schwieriger ist es.”

Rund ein Viertel der Managerinnen und Manager würde laut Triconsult-Studie gerne weniger arbeiten, um mehr Lebensqualität zu erlangen. Weitere 17 Prozent würden ihr Arbeitspensum gerne flexibler einteilen. Dann würden allerdings die Karrierechancen sinken, so die Befürchtung.

Für Graf könnte der Weg zu einer besseren Balance zwischen Arbeit und Freizeit über Zeitwertkonten führen, bei denen Überstunden bei Bedarf in späteren Jahren abgerufen werden könnten.