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Umkehr bei Kapitalregeln "unmöglich"

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

OeNB-Chef Nowotny pocht auf einheitliche Spielregeln. | Hochspekulative Produkte gar nicht beaufsichtigen?


Wien. (mel) Offensichtlich gar keine Freude hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) mit der jüngsten Forderung von Raiffeisen-Boss Christian Konrad, die Einführung schärferer Eigenkapitalregeln (Basel III) für Banken angesichts der derzeitigen Spannungen auf den Finanzmärkten zu verschieben. "Ein Zurück zum alten Standard ist unmöglich", erklärte FMA-Vorstand Helmut Ettl gleich zu Beginn einer Finanzaufsichtskonferenz am Donnerstag in Wien. Die alten - derzeit noch geltenden Regeln - hätten im Zuge der Krise jede Glaubwürdigkeit eingebüßt.

Wenn es nicht gelänge, glaubwürdige gemeinsame Standards zu etablieren, würde in Zukunft der Finanzmarkt bestimmen, wie viel Eigenkapital einzelne Banken als Sicherheitspölster in ihren Bilanzen bräuchten, so Ettl. Statt der angestrebten Sicherheit hätte dies hohe Volatilität zur Folge.

US-Banken lobbyieren gegen Basel-III-Regeln

Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny stellt eine Tendenz fest, "uns aus vereinbarten Regeln wieder zu verabschieden". Es gebe massive Vorstöße großer amerikanischer Banken, Basel III nicht zu implementieren. Hätten diese damit Erfolg, wäre dies laut Nowotny ein schwerer Rückschlag für einen offenen und liberalen Kapitalmarkt. Ein solcher sei schließlich nur mit einheitlichen Spielregeln möglich. Der Gouverneur wünscht sich, dass Europa hier eine starke Position einnehmen sollte.

Nowotny ortet allerdings auch noch andere Herausforderungen für den Finanzmarkt: "Wir haben in Österreich und auch weltweit ein Wirtschaftsprüferproblem", meint der Nationalbankchef. Bewertungsänderungen seien nicht immer voll nachvollziehbar. Eine bessere Koordinierung zwischen den Aufsichtsbehörden und den Wirtschaftsprüfern wäre notwendig.

"Man kann reich werden, aber auch umkommen"

Was die Beaufsichtigung von Finanzprodukten betrifft, plädiert Nowotny dafür, dass es einen von der Aufsicht für bestimmte Einkommensgruppen getesteten Bereich geben sollte. Hochspekulative Produkte, die über diesen hinausgingen, sollten sich die Behörden gar nicht mehr ansehen. Die Anleger müssten wissen: "Das ist der Wilde Westen, dort kann man reich werden, aber auch umkommen." Amtshaftungsklagen sollten in diesem Bereich dann jedoch nicht zulässig sein.

Was die Konjunkturentwicklung betrifft, verwies Bundeskanzler Werner Faymann bei der Konferenz auf "dunkle Wolken am Horizont". Faymann warnte davor, im Rahmen von Sparprogrammen die Investitionen der öffentlichen Hand zu stark einzuschränken. Bei der Budgetkonsolidierung brauche man deshalb auch neue Einnahmen. Dem widersprach Finanzministerin Maria Fekter: Bei neuen Einnahmen sei "sehr große Skepsis angebracht".