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Japan, das Land der aufgehenden Sonne, hat zwei Gesichter

Von Gerhard Hain

Wirtschaft
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Einerseits hat sich Japan in den letzten Jahren zunehmend dem Westen geöffnet, andererseits ist es noch immer sehr traditionell orientiert.


Japan ist ein modernes, hochindustrialisiertes Land mit dem zweitgrößten Bruttoinlandsprodukt der Welt und einer enormen Kaufkraft, das auf den ersten Blick einen durchaus westlichen Eindruck macht.

Es ist aber auch ein Land mit jahrhundertealten, tief verwurzelten Traditionen, die das Denken und Fühlen, das private und geschäftliche Verhalten seiner Bewohner noch immer stark beeinflussen.

Japaner sind nicht so wie wir durch einen analytischen Denkstil geprägt, sondern gehen von einer ganzheitlichen Weltsicht aus. Sie sehen jeden Menschen vor allem als Teil eines großen Ganzen, der Einzelne muss immer seine eigene Stellung im Verhältnis zu anderen berücksichtigen. Sie streben nach einer Harmonie zwischen Widersprüchen. Offene Missbilligung oder gar ein "Nein" stören diese Harmonie, andererseits bedeuten Kopfnicken oder das Wort "Hai" nur, dass man Sie verstanden hat und nicht immer Zustimmung. Vermeiden Sie unbedingt Gesichtsverlust und peinliche Situationen aller Art. Wenn Kritik notwendig ist, sollte sie immer sehr vorsichtig und indirekt geäußert werden. Japaner sind dabei Meister der Verklausulierung: Statt "kommt nicht in Frage" sagen sie etwa: "Wir werden uns das noch einmal überlegen."

Verhandlungen brauchen Zeit. Versuchen Sie daher nicht, möglichst bald zu konkreten Ergebnissen zu kommen. Japaner möchten vor dem Beginn ernsthafter Gespräche den Menschen hinter dem Geschäftspartner kennenlernen, da es ihnen mangels gemeinsamen kulturellen Hintergrundes schwer fällt, den ausländischen Verhandlungspartner richtig einzuschätzen. Auch deshalb sind Empfehlungen für den Markteintritt sehr wichtig. Man sollte daher die Möglichkeit, sich bei sozialen Anlässen vielen potenziellen Kontaktpersonen vorstellen zu lassen, immer nutzen.

Auch wenn sich viele Japaner bereits daran gewöhnt haben, Ausländern bei der ersten Begrüßung die Hand zu reichen, so wird es doch sehr positiv vermerkt, wenn man sich mit einer Verbeugung im Winkel von circa 45 Grad begnügt. Visitenkarten müssen mit beiden Händen und einer leichten Verbeugung überreicht und entgegengenommen sowie sofort sorgfältig gelesen werden.

Einladungen zu abendlichen Geschäftsessen dienen der "Nominication", einer neujapanischen Kombination des Verbs "nomi" (Alkohol trinken) mit dem Wortbestandteil "nication" des englischen "communication". Diese Essen dienen nicht nur dem gegenseitigen Kennenlernen, sondern sind oft auch bereits eine Art Vorverhandlung. Wenn das Gespräch gut läuft und die Teilnehmer zueinander Vertrauen gefasst haben, kann es durchaus geschehen, dass Japaner ihre Verhandlungsziele erkennen lassen.

Trinkgelder sind in Japan absolut unüblich. Gutes Service ist Ehrensache, und dafür mit Kleingeld bedacht zu werden, wäre herabwürdigend. Japan ist außerdem das Land der sekundengenauen Pünktlichkeit! Fahrpläne und Öffnungszeiten werden penibel eingehalten, und auch in der Geschäftswelt ist Pünktlichkeit ein absolutes Muss. Verspätungen sind daher unbedingt rechtzeitig per Telefon anzukündigen.

Gerhard Hain ist Managing Partner der Unternehmensberatung ti communication Dr. Fischhof GmbH in Wien.

www.ticommunication.eu

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wien@ticommunication.eu