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Teil der ÖVAG nun in Staatshand

Von Karl Leban

Wirtschaft
Großbaustelle: Auf den Bund wartet viel Knochenarbeit, um die Bank zu sanieren.

Republik pumpt in marodes Volksbanken-Spitzeninstitut 250 Millionen Euro frisches Kapital


Wien. Jetzt hat auch die ÖVAG, das schwer ramponierte Leitinstitut der Volksbanken, den Staat als Aktionär an Bord. Alle Beschlüsse rund um seinen rettenden Einstieg erfolgten am Donnerstag in einer Hauptversammlung (HV) im Wiener Konzerthaus.

Der Bund beteiligt sich mit 250 Millionen Euro an einer Kapitalerhöhung, im Gegenzug übernimmt er 43,3 Prozent an der ÖVAG. Von den regionalen Volksbanken kommen 234 Millionen Euro, sie behalten damit ihre Mehrheit (50,1 Prozent). Es war eine Bedingung für die staatliche Rettungsaktion, dass die Volksbanken ihr Spitzeninstitut in Wien nicht fallen lassen und ebenfalls frisches Kapital zuschießen.

Eine weitere Voraussetzung, die seit Dienstagabend erfüllt ist, war die Neustrukturierung des Volksbankensektors durch eine Verbundbank samt strenger Haftungsvereinbarungen. In Zukunft muss innerhalb des Sektors jeder für jeden haften, die Volksbanken werden voll konsolidiert, und der ÖVAG werden umfassende Durchgriffsrechte eingeräumt. Das Modell soll besseren Schutz vor neuerlichen Krisen bieten.

War zunächst da und dort gegen den neuen Haftungsverbund rebelliert worden (weil er die Eigenständigkeit der jeweiligen Institute untergräbt), stimmten ihm am Ende 61 von 62 Volksbanken in ihren Gremien zu. Jenes Institut, das die Unterschrift schuldig blieb, ist eine kleine Spezialbank - und zwar das Wiener Spar- und Kreditinstitut. Ob es seinen Widerstand auf Druck der Bankenaufsicht noch aufgibt, ist vorerst offen. Insider räumen dem Geldinstitut außerhalb des Sektors auf Sicht wenig Chancen ein.

Radikaler Kapitalschnitt

Was die ÖVAG-HV ebenfalls abgesegnet hat, ist ein radikaler Kapitalschnitt von 70 Prozent, der quasi den Auftakt für die anschließende Kapitalspritze des Bundes und der Volksbanken bildet. Mit dieser Kapitalherabsetzung wird der dramatische Vorjahresverlust der ÖVAG (1,345 Milliarden Euro) beseitigt. Für die Republik bedeutet das freilich, dass 70 Prozent und somit 700 Millionen Euro der bereits 2009 gewährten Kapitalhilfe (eine Milliarde) in den Rauchfang zu schreiben sind.

Anders als der Bund und die Volksbanken pumpen die übrigen ÖVAG-Aktionäre kein frisches Kapital in das marode Bankinstitut. Der Anteil der deutschen DZ Bank verwässert sich dadurch auf 3,8 Prozent, die deutsche Ergo-Versicherung fällt auf 1,5 Prozent und die Raiffeisen Zentralbank auf 0,9 Prozent. Sie alle haben den Wert ihrer Anteile in ihren Büchern bereits auf null abgeschrieben.

Die ÖVAG-HV, die am Donnerstag um 11.30 Uhr begann, wurde in der Folge wegen Klärung offener Vertragsdetails immer wieder unterbrochen und zog sich bis in die Abendstunden hinein. Bis Redaktionsschluss war deshalb auch unklar, welche Personen der Bund nun tatsächlich in den Aufsichtsrat entsendet und vor allem wer dort den Vorsitz übernimmt.

Die frühere Direktorin der Europäischen Zentralbank, Gertrude Tumpel-Gugerell, war zwar erst vor wenigen Wochen für den Aufsichtsrat nominiert worden - womit offenkundig war, dass sie im Chefsessel Platz nehmen würde (die "Wiener Zeitung" berichtete exklusiv). Nach Interventionen der ÖVP zieht sie angeblich nun doch nicht in das neue Kontrollgremium ein.

Polit-Geplänkel um Posten

Zuletzt war laut APA-Informationen von zwei anderen Kandidaten für das Amt des ÖVAG-Präsidenten die Rede: von Wirtschaftskammer-Vize Hans Jörg Schelling und dem einstigen Bank-Austria-Vorstand Franz Zwickl, der als Investor im Beteiligungs- und Immobiliengeschäft tätig ist. Schelling, so hatte es vor der HV geheißen, sei der Wunschkandidat der ÖVP und Zwickl jener der SPÖ.

Noch nicht entschieden war am Donnerstag auch, wen die Republik als Nachfolger des glücklosen ÖVAG-Chefs Gerald Wenzel - sein Vertrag endet am 30. April - an die Vorstandsspitze setzt. Als heißester Anwärter gilt Ex-Bawag-Vizechef Stephan Koren.