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Neuer Rechtsstreit in der AvW-Anlegeraffäre

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Inhaber "alter" AvW-Genussscheine wollen jetzt zu ihrem Recht kommen.


Klagenfurt/Wien. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) erhöht seine Schlagzahl im Entschädigungsreigen für 12.500 AvW-Anleger. Voraussichtlich am Montag wird VKI-Anwalt Walter Reichholf - im Auftrag des Konsumentschutzministeriums - die dritte Musterklage gegen die AvW-Masseverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg einbringen.

Im Mittelpunkt des brisanten Rechtsstreits stehen die Ansprüche Hunderter AvW-Opfer, die schon Ende der 1990er Jahre AvW-Genussscheine von der AvW Invest AG erworben haben, aber deren damals kapitalgarantierte Papiere im Jahr 2001 nicht in neue AvW-Genussscheine der AvW Gruppe AG umgetauscht worden sind.

Denn auch deren Schadenersatzansprüche haben die Masseverwalter bisher in den AvW-Insolvenzverfahren abgelehnt.

Keine Einwände

"Wir werden keinen Einwand gegen die Klage erheben und eine Klagebeantwortung ausarbeiten", sagt Gerhard Brandl zur "Wiener Zeitung". "Die Anleger, die vom Umtausch Gebrauch gemacht haben, sind Gläubiger der AvW Gruppe AG. Bei der anderen stellt sich nun die Frage, sind sie noch immer Gläubiger der AvW Invest oder doch der AvW Gruppe." Nachsatz: " Wenn das geklärt ist, wissen wir bei der Prüfungstagsatzung der AvW Invest, wie mit diesen Forderungen umzugehen ist." Es geht um Rechtssicherheit, die letztendlich der Oberste Gerichtshof formulieren muss. Dazu muss man wissen, dass es zwei Vermögenstöpfe gibt. Da die rechtliche Zusammenlegung der zwei AvW-Insolvenzverfahren aufgrund der fehlenden gesetzlichen Basis vom Oberlandesgericht Graz untersagt wurde, sind weiterhin zwei Konkursverfahren anhängig; die Vermögenswerte wurden wieder aufgeteilt.

1,1 Milliarden Euro gefordert

Im Verfahren der AvW Gruppe AG haben die Geschädigten 515 Millionen Euro Forderungen angemeldet, wobei etwa 43 Millionen Euro Vermögen im Massetopf liegt. Im Verfahren der AvW-Invest wurden Ansprüche in Höhe von 495 Millionen Euro von Genussscheininhabern angemeldet, wobei aber nur 19 Millionen Euro im Topf sein sollen. Detail am Rande: Die jüngsten Gerichtskosten, rund 2,5 Millionen Euro, für das Schadenersatzverfahren der AvW-Masseverwalter gegen den früheren AvW-Wirtschaftsprüfer sind da noch nicht abgezogen.

"In einigen wenigen Fällen dürfte ein derartiger Genussscheinumtausch oder zumindest der Versuch tatsächlich stattgefunden haben, nicht aber im Fall des Ehepaares Z. und in der überwiegenden Mehrzahl der Inhaber der AvW Invest-Genussscheine", heißt es in der Klage, die der "Wiener Zeitung" vorliegt. "Die Anleger wurden nicht darüber informiert, dass die von ihnen erworbenen Genussscheine ein Auslaufmodell‘ sind und dass ab dem Jahr 2001 neue Genussscheine ausgegeben wurden."

Vielmehr hätten AvW Gruppe und AvW Invest "ab dem Jahr 2001 so agiert, als handelt es sich bei den Genussscheinen der AvW Invest und denen der AvW Gruppe um ein- und dieselbe Beteiligung".

Blinde Wertpapieraufsicht

Hier stellt sich auch die Frage, warum die damalige Bundeswertpapieraufsicht, die AvW das neue Genussschein-Konstruktion mit zwei Gesellschaften auftrug, nicht einschritt. Da die "Wertpapiere" einen identen (Fantasie-)Kurs auswiesen, dachten die Anleger laut Klage, dass es sich um idente Papiere handelt. "Hingegen hat sich die AvW Invest AG als eigentliche Emittentin der Genussscheine vor dem Jahr 2001 so verhalten, als würden sie diese Genussscheine nichts angehen", heißt es in der Klage weiter.

Anwalt Reichholf steht auf dem Standpunkt, dass die AvW Gruppe damals nicht nur die Genussscheine von der AvW Invest, sondern auch die Verbindlichkeiten übernommen hat und somit haftet - nach Paragraf 1409 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch; zugleich bestehe eine Haftung in Form der Firmenfortführung und eine Haftung in Form eines Vertrauensschadens wegen listiger Irreführung.