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Bankenrettung setzt Österreich finanziell unter Wasser

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

Androsch bestätigt Horrorzahlen für Hypo-Rettung von bis zu 7 Milliarden.


Wien. Bis zu sieben Milliarden Euro wird die Hypo Alpe Adria die Steuerzahler noch kosten: Diese von Bundeskanzler Werner Faymann ins Spiel gebrachten Horror-Zahlen bestätigte Hannes Androsch am Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten. Das Szenario sei "ziemlich sicher", meinte der Ex-Finanzminister und Aufsichtsratsvorsitzende der Fimbag. Die Fimbag verwaltet notverstaatlichte Banken und Staatsanteile an Kreditinstituten. Neben der Hypo hängen Kommunalkredit und Volksbank direkt am Tropf der Steuerzahler. Alle drei Banken haben bereits fast fünf Milliarden Euro verschlungen. Inklusive künftiger Kosten - nicht nur für die Hypo - dürfte die Belastung auf jenseits der zehn Milliarden steigen. Zum Vergleich: Das Jahrhunderthochwasser 2002 kostete zwei Milliarden, oder anders illustriert: Die Summe entspricht 100 Eurofightern.

Wer soll das bezahlen?

Werner Faymann will, dass alle Banken das bezahlen - und zwar über die Bankenabgabe. Diese als Gegenleistung zur Bankenrettung konzipierte Sondersteuer wird seit 2011 eingehoben und läuft bis 2017. Sollte er wieder Regierungschef werden, will Faymann die zeitliche Begrenzung aufheben. Androsch sieht das kritisch. Wegen der Wut der Menschen auf die Banken sei die Forderung "psychologisch verständlich", sie sei aber "kontradiktorisch". Die Abgabe widerspreche den Vorgaben der EU-Politik an die Banken, Kredite besser abzusichern und mit mehr Eigenkapital zu unterlegen - was sie besser vor gefährlichen Pleiten schützt.

Androsch hat andere Vorstellungen, welchen Beitrag Banken leisten könnten, um die Hypo-Verluste zu minimieren. Das Zauberwort heißt "Bad Bank", ein Auffangbecken für faule Kredite. Es macht den gesunden Kern der Bank sichtbar und erleichtert dessen Verkauf. Der Pool mit dem Rest kann dann ohne Zeitdruck über viele Jahre entleert werden.

An der Bad Bank sollten sich Banken wie Raiffeisen, Erste Bank oder Bawag beteiligen, fordert Androsch. Denn steigt der private Anteil an einer Bad Bank über 50 Prozent, müssen die Milliarden nicht in die Staatsschulden gerechnet werden. Gelingt das nicht, schnalzt die Staatsschuld von derzeit 80 Prozent auf 85 Prozent hinauf, schätzt er. Das Problem dabei: Dann könnten die Ratingagenturen Österreich herabstufen, und das erhöht die Zinsen für die Staatsschulden um Milliarden. Darum ließ Finanzministerin Maria Fekter bisher die Finger von der "Bad Bank". Doch das hat die Probleme nur aufgeschoben und jetzt brennt der Hut.

Sowohl Raiffeisen, Erste als auch Bawag haben ebenfalls Geld vom Staat bekommen, das sie scheibchenweise zurückzahlen. Das sei der Hebel, um die Großbanken zur Beteiligung an der Bad Bank zu drängen, meint der Fimbag-Chef: "Wenn wer Geld von mir will, habe ich einen Hebel. Den muss ich benutzen."

Fehler der Vergangenheit

Generell, so Androsch, hätte die Bankenrettung eine Kernschmelze verhindert. Doch nach der Notverarztung hätte man es in den vergangenen fünf Jahren verabsäumt, die Therapie zu starten.

Die Wurzeln der heimischen Bankenkrise liegen aber tiefer. Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Österreich zu viele Banken hat. Anstatt zu fusionieren, haben aber sogar Regionalbanken wie die Kärntner Hypo eine rasante Expansion in Osteuropa hingelegt (die Bawag wich in die Karibik aus und erlitt dort Schiffbruch). Hätten Nationalbank, Aufseher und Politik nicht jahrzehntelang zugesehen, läge den Steuerzahlern heute die eine oder andere Bank weniger auf der Tasche.

Die Swap-Falle
Im spektakulären Streit um verlustreiche Zockereien mit Swaps (Zinstauschgeschäfte) der Stadt Linz mit der Bawag hat der Rechnungshof in einem 128 Seiten dicken Bericht scharfe Töne angeschlagen. Spektakulär liest sich insbesondere eine Empfehlung, die für die Beschlüsse und Versäumnisse in Linz verantwortlichen Stadt- und Finanzpolitiker haftbar zu machen, sobald einmal alle Gerichtsverfahren zwischen Bank und Stadt beendet sind. Beim Abschluss des Derivatgeschäfts seien mehrere Bestimmungen verletzt worden. Außerdem sei der Abschluss der Swaps teilweise ohne Absicherungszweck erfolgt.

Androsch drängt auf ein rasches Ende des Streits, sonst könnte der Schaden samt Zinsen, Anwalts- und Gutachterkosten auf 900 Millionen Euro explodieren. Er ist selber minimal an der Bawag beteiligt. Sogar der Richter hatte angesichts des Streitwerts von mehr als 400 Millionen Euro von "Wahnsinn" gesprochen, dass sich die Streitparteien bisher nicht verglichen. "Dem schließe ich mich an", sagt Androsch: "Mit einem High-noon vor Gericht bleibt es so und so bei der Republik, beim Steuerzahler."