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T-Mobile türkce konusuyor*

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

Bisher weniger negative Reaktionen | als bei türkischer NÖM-Milch "Süt".


Wien. Ein Werbespot auf Türkisch im ORF: Das hat es noch nicht gegeben. Der Handynetzbetreiber T-Mobile betritt das Neuland allerdings auf leisen Sohlen. Die fünfzehn Sekunden in türkischer Sprache sind eingebettet in die österreichische Version des Spots zu Beginn und eine italienische Version am Ende. Beworben wird eine Urlaubs-Wertkarte, für die es oben drauf 100 Roaming-Minuten extra gibt. Der Spot läuft auch im Privat-TV.

Türkisch rein zufällig gewählt? - Eher nicht

In TV-Spots im ORF kommen Fremdsprachen derzeit nur für Pralinen (Italienisch) und Haarpflegemittel (Englisch) zum Einsatz. "Die Kampagne richtet sich nicht an eine bestimmte Community, sondern an alle Österreicher, die ihren Sommerurlaub im Ausland verbringen wollen. Bei der Auswahl der Länder, die das entsprechende Urlaubsflair vermitteln, haben wir uns für zwei entschieden, die seit vielen Jahren beliebte Destinationen in der Sommerzeit sind: Italien und die Türkei", sagt Presssprecher Klaus Lackner von T-Mobile.

Klar. T-Mobile hätte auch die Sprache des beliebten Urlaubslandes Spanien verwenden können. Doch die Zahl von rund 250.000 türkischstämmigen Österreichern und Konsumenten dürfte die Wahl erleichtert haben. Mit dem Tarif "Turka Basta" bei tele.ring hat der Mobilfunker bereits zuvor ein entsprechendes Angebot maßgeschneidert. "Der Spot zielt natürlich voll auf die türkische Community", sagt Manuel Bräuhofer von Brainworker, einer auf Ethnomarketing spezialisierten Agentur. Der Werber Rudi Kobza fühlt sich an die erste Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Spiegel" mit einer türkischen Titelgeschichte erinnert. Wie bewertet er den türkischen Spot? "Eine nette Geste des Unternehmens und ein Zeichen von Offenheit und Toleranz." Der "Spiegel" erscheine aber nächste Woche auch wieder mit deutschem Cover, umreißt er die PR-Aktion dahinter.

"Ich bin hin- und hergerissen", sagt Bräuhofer. "Für eine allgemeine Sensibilisierung ist der Platz im Hauptabendprogramm des ORF gut gewählt." Im Sinne des Ethnomarketings, also der gezielten Ansprache von Migranten, gehe der Spot am Ziel vorbei, sagt Bräuhofer. Dafür seien die großen österreichischen Sender das falsche Medium. "Die erste oder vielleicht noch zweite Generation der Türken mit Sprachproblemen schaut nicht ORF."

Für die junge Generation ohne Sprachprobleme sei der Spot wenn überhaupt ein Zeichen von Respekt und Wertschätzung, der die "nationalen Herzen höherschlagen" lasse. Er sieht damit diesen Effekt ähnlich wie Kobza.

Manche Kunden von T-Mobile geht diese Art von Offenheit zu weit. "Was soll diese Werbung auf Türkisch? Damit macht man es den nicht integrationswilligen Personen ja unheimlich schwer! Unglaublich!!", schreibt eine junge Kundin im Firmenforum. Ein anderer Kunde schreibt: "Danke für die tolle Werbung! Da ich kein Türkisch kann werd ich auf euch leider verzichten müssen!"

Laut der Pressestelle hält sich die Kritik aber in einem überschaubaren Rahmen. Von einer Handvoll Facebook-Einträge und rund einem Dutzend erboster Anrufe auf der Service-Hotline ist die Rede. Ein Kunde habe bisher seinen Vertrag mit Bezug auf den Spot gekündigt. Am Spot, der voraussichtlich bis Ende Juli läuft, wird T-Mobile jedenfalls festhalten, sagt Lackner.

Wie weit kann gezieltes Ethnomarketing gehen?

Gegen den Sturm der Entrüstung, den der niederösterreichische Milchproduzent im Jahr 2010 NÖM erntete, weht durch die T-Mobile-Foren nur ein kritisches Lüfterl. NÖM begann Packungen mit der Aufschrift "Süt" zweisprachig auf Deutsch-Türkisch zu beschriften. Österreichische Milch, das alpine Nationalgetränk auf Türkisch? Da ging bei vielen Kunden die Emotion über.

NÖM tauchte durch und ließ Gras über die Sache wachsen. Süt-Milch, Süt-Joghurt oder Süt-Ayran gibt es freilich noch immer in türkischen Supermärkten oder Greißlern. "Aus Sicht des Unternehmens war es ein kluger Schachzug, die eigene Marke stärker in der Community zu verankern. Das verringert die Importe aus dem Ausland und schafft Wertschöpfung im Inland", meint Bräuhofer.

Ethnomarketing ist bei den Banken im direkten Kundenkontakt am weitesten verbreitet. Im Mobilfunksektor setzte erstmals One mit seinem O im "Döner" auf Ethnomarketing. Dann folgten "bob balkan" von A1 und "Turka Basta" von tele.ring.

"In Deutschland laufen auch TV-Spots schon lange in unterschiedlichen Sprachen", sagt Bräuhofer, jedoch in ausländischen Sendern. Generell funktioniere Ethnomarketing in einschlägigen Medien am besten, sagt Bräuhofer. In Österreich würden dafür vor allem Migranten-Magazine genutzt.