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"Es müssen immer alle wollen"

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Hürde Hierarchie: Unternehmen müssen Vorurteile überwinden.


Wien. Ein über 50-jähriger Mitarbeiter, der einem unter 30-jährigen Abteilungsleiter unterstellt ist - kann diese Konstellation funktionieren? Sie kann, zumindest im Unternehmen von Walter Hanus. "Es müssen immer alle wollen", betont der CEO von IVM. Beim Wiener Technologiedienstleister hat ein 53-jähriger Senior Consultant kein Problem damit, dass der Leiter der Softwareentwicklungsabteilung erst 28 ist.

Die klassische Rangordnung: Sie ist in Unternehmen zu überdenken, meinen Experten.
© Foto: fotolia

Es klappt, wenn Berührungsängste abgebaut und traditionelle Ordnungen überdacht werden, so Hanus. Gerade bei Technikern würde das Aufbrechen des Senioritätsprinzips ein großes Problem lösen. Denn nach wie vor verhält sich der Arbeitsmarkt paradox: Einerseits herrscht in den Betrieben Technikermangel, andererseits suchen zahlreiche ältere Spezialisten einen Job. Beim Arbeitsmarktservice (AMS) sind in technischen Berufen - dazu zählen unter anderem Bau- und Vermessungswesen, Chemie, Physik, Maschinenbau und Elektronik - rund 3700 Menschen über 45 Jahren als arbeitslos vorgemerkt - um 18 Prozent mehr als vor einem Jahr. Zu Beginn dieses Jahres hatte etwa die Elektro- und Elektronikindustrie geklagt, es würden ihr - sehr konservativ gerechnet - 800 Fachkräfte fehlen.

Ältere Fachkräfte wären zwar verfügbar -, doch: "Die Industrie will unbedingt junge", so Hanus.

Spezialisten gesucht

Diese Aussage könne man nicht generell treffen, in der Arbeitswelt beruhe vieles auf der persönlichen "Chemie", heißt es dazu auf Anfrage aus dem Fachverband Industrie in der Wirtschaftskammer. Bestätigt wird, dass nach wie vor Leute mit Spezialkenntnissen gesucht werden, vom Lehrling bis hinauf in den akademischen Bereich.

Walter Hanus, CEO des Softwaredienstleisters IVM.
© Foto: IVM

Warum scheuen Unternehmen nach wie vor davor zurück, ältere Ingenieure einzustellen? Zunächst ist es sicher einmal eine Frage des Gehalts: Altgediente Profis sind ein gewisses Einkommensniveau gewohnt. Weiters ist speziell das Know-how der älteren Semester in technischen Berufen oftmals schon in die Jahre gekommen, wiewohl sie über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen, den die Jungen erst einmal sammeln müssen.

Hanus trommelt schon seit geraumer Zeit für mehr Weiterbildungen speziell für Techniker über fünfzig, etwa an den Fachhochschulen. Warum diese nicht einfach die gleichen Seminare besuchen sollten wie junge Leute, die gerade die Matura gemacht haben, habe einen einfachen Grund: "Ältere Fachleute lernen anders als Schulabgänger."

Auch gezielte Förderungen, etwa bei den Lohnnebenkosten, könnten helfen, altgediente Profis als Arbeitnehmer wieder attraktiv zu machen. Motto: Besser die Anstellung fördern als Arbeitslosengeld zahlen. "Unterm Strich bleiben die Ausgaben für die öffentliche Hand dieselbe", so Hanus. Er könnte sich auch eine Altersquote gut vorstellen.

Im Arbeitsmarktservice verweist man auf die Eingliederungsbeihilfe "Come back". Diese wird für eine bestimmte Zeit unter anderem dann gewährt, wenn Unternehmen vorgemerkte Arbeitslose ab 45 Jahren (Frauen) beziehungsweise ab 50 Jahren (Männer) einstellen.