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"Zeit ist nicht das Entscheidende"

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Kinder und Karriere schließen einander nicht zwangsläufig aus.
© /Andrey_Arkusha

HR-Verantwortliche diskutieren über Karriere in Teilzeit.


Wien. Ist Karriere beziehungsweise ein anspruchsvoller Job in Teilzeit möglich? - Diese Frage interessiert Frauen eindeutig mehr als Männer. Von den rund 50 Gästen des WU-Alumni-Clubs und des ZBP Career Centers beim jüngsten WU Career Talk ist gerade einmal eine Handvoll männlich. Kein Wunder, denn Teilzeit ist nach wie vor ein Frauenthema. Der Hauptgrund dafür ist allen bestens bekannt: Stellt sich bei einem Paar Nachwuchs ein, reduziert in den allermeisten Fällen die Mutter ihre Arbeitszeit. Aber auch Aus- und Weiterbildung oder das schlichte Bedürfnis nach mehr Freizeit sind Gründe, warum immer mehr Berufstätige Teilzeit als Arbeitsmodell anstreben.

"Extrem effizient"

Dass Teilzeit nicht gleich das Aus für die Karriere bedeuten muss, belegt unter anderem beispielhaft der Fall von Sandra Micko, Personalchefin von Microsoft Österreich. "Als meine Tochter drei Monate alt war, bin ich einen Tag in der Woche arbeiten gegangen. Ich habe dann kontinuierlich aufgestockt", erzählt Micko am Podium. Als sie noch in Teilzeit war, wurde ihr die Leitungsfunktion angeboten, jetzt arbeitet sie wieder Vollzeit.

Top-Kräfte können ihr Arbeitspensum auch in 30 oder 35 Wochenstunden erledigen, da sie "extrem effizient" arbeiten, weiß Micko aus der Praxis. Ihre Mit-Diskutanten - die HR-Verantwortlichen Julia Kniescheck von der Wirtschaftsagentur Wien und Gordon Löwe von Roche Diagnostics - stimmen ihr zu. Einig ist man sich auch darüber, dass Arbeitnehmer, die bis spätabends im Büro sind, nicht unbedingt die besseren sind.

Micko: "In Skandinavien ist um 16 Uhr keiner mehr da, weil da die Kinder abgeholt werden." Das treffe auch auf männliche Führungskräfte zu. Der Grund, warum das in Österreich nicht auch funktioniert, liegt laut HR-Manager Löwe im Rollenverständnis der Männer: Gehen sie in Teilzeit, fühlen sie sich in ihrer Rolle als Mann nicht bestätigt. Gleichzeitig würden aber viele männliche Führungskräfte gerne ihre Arbeitszeit um ein paar Stunden zurückschrauben. "Sie trauen sich aber nicht, weil man sie dann schief anschauen würde", glaubt Löwe.

Diskussionsleiter Rupert Dollinger, ehemals Personalchef der Erste Bank, resümiert: "Die Zeit ist nicht das Entscheidende." Sein Appell an die Personalverantwortlichen: Wenn gute Mitarbeiter in Teilzeit gehen wollen, sollte man ihnen diesen Wunsch erfüllen, weil sie dann zufriedener und motivierter sind. Er hält es für bedenklich, dass die Teilzeit in den vergangenen Jahrzehnten so stark in Misskredit geraten ist.

Doch wie sieht es mit gut ausgebildeten Berufseinsteigern aus, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht gleich Vollzeit arbeiten wollen? - Auch in diesem Punkt zeigt sich die anwesende HR-Riege aufgeschlossen. Üblicherweise schreibe man Vollzeitstellen aus, aber es lasse sich über alles reden. Julia Kniescheck schränkt jedoch ein: "Es kommt auf das gewünschte Ausmaß an. Mit 20 Stunden hätten wir ein Problem." Der Schlüssel liege in der Flexibilität. Wenn jemand zum Beispiel gerne einen Tag in der Woche frei haben wolle, könnte man seine 40 Stunden auch auf vier Tage aufteilen. Man könnte Eltern auch anbieten, in Vollzeit zu gehen, aber einen Teil des Pensums von zuhause zu erledigen, sagt Löwe. Er empfiehlt, bei der Bewerbung selbstbewusst aufzutreten: "Überlegen Sie, was Sie wollen und treten Sie dann mit Ihren konkreten Vorstellungen an das Unternehmen heran." Frauen, die Familie und Job unter einen Hut bringen und gute Leistungen erbringen, müssten ihren Chefs auch nicht dankbar sein, dass sie Teilzeit arbeiten "dürfen", betont Sandra Micko.