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Wenig-Telefonierer zahlen drauf

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Neuer RTR-Chef hofft auf mehr Wettbewerb durch virtuelle Betreiber.


Wien. Die Preiserhöhungen von Mobilfunkern in den vergangenen Wochen sind ein "Warnsignal" für den Regulator, sagt der neue Chef der Rundfunk- und Telekomregulierungsbehörde (RTR), Johannes Gungl: "Wir beobachten die Entwicklungen auf dem Mobilfunkmarkt genau." Vor allem Wenig-Telefonierer zahlen im Vergleich zu Jänner 2011 deutlich mehr, für sie sind die Mobilfunkpreise um 21 Prozent gestiegen. Für Viel-Telefonierer wurden die Tarife hingegen um 30 Prozent günstiger. Im Durchschnitt sind die Preise bis Ende 2013 um 13 Prozent gesunken, geht aus dem RTR-Mobilfunkpreisindex hervor. Allerdings sind auch die inkludierten Datenpakete größer geworden.

Bei allen Nutzergruppen zeigt sich jedoch ein steiler Preisanstieg gegen Ende des Vorjahres. Der Mobilfunker "3" (Hutchison) erhöhte im November den günstigsten Tarif, A1 zog nach und schraubte seine "Go!"-Tarife nach oben - bei der günstigsten Variante beträgt nun die monatliche Grundgebühr 34,90 Euro. Auch bei der A1-Diskonttochter Yesss! wurde ein Tarif erhöht, bei der Billigmarke bob wird es ab 3. März teurer. Zudem hat der Marktführer im Februar die Aktivierungsgebühr von rund 40 auf rund 70 Euro erhöht und SIM-only-Tarife vom Markt genommen. In diesem Monat hat auch "3" die Tarife für "Hallo L Plus" und "Hallo XL" hinaufgeschraubt.

"Wir wissen nicht, ob diese Preissteigerung nachhaltig ist", sagt Gungl, der bis zur Übernahme durch "3" Anfang 2013 bei Orange und danach als selbständiger Unternehmensberater tätig war. Nach einem Preisanstieg durch die Einführung der Service-Pauschale 2011 ließen Sonderangebote den Index wieder sinken, so Gungl. Aus Sicht der Arbeiterkammer sind die Preissteigerungen eine Folge der Übernahme von Orange durch "3".

Wie die AK setzt sich die RTR für mehr Transparenz ein: Vor Vertragsabschluss sollen Kunden eine Aufstellung über die Fixkosten während der gesamten Vertragslaufzeit bekommen, so Gungl. Außerdem müsse man prüfen, ob die Gebühr von 19 Euro bei der Mitnahme einer Rufnummer noch gerechtfertigt sei.

Gungl: Steigen die Preise, wird Markteintritt attraktiver

Der Nachfolger von Georg Serentschy erwartet im Laufe des Jahres "eine spürbare Belebung des Wettbewerbs": "Einige virtuelle Betreiber stehen vor der Tür. Steigen die Mobilfunkpreise, wird ein Markteintritt attraktiver", so Gungl. In der zweiten Jahreshälfte will die Ventocom GmbH mit Sitz in Wien als virtueller Netzbetreiber starten und dafür dem Vernehmen nach das Netz von T-Mobile nutzen. Miteigentümer ist Rapid-Wien-Präsident Michael Krammer, ehemaliger Chef von Orange. Außerdem wollen der Kabelbetreiber UPC und die Wiener Technologiefirma Mass Response mit eigener Marke auftreten und die Infrastruktur von "3" nutzen, die Verträge sind unterzeichnet.

Gratis-Dienste dringen in Domäne der Mobilfunker ein

Die Umsätze mit Endkunden am heimischen Mobilfunkmarkt kommen kaum vom Fleck, im dritten Quartal 2013 lag der monatliche Umsatz pro Kunde laut RTR Telekom Monitor bei 14,40 Euro. Mehr als die Hälfte des Umsatzes entfällt auf Grundgebühren, Tendenz steigend. Der Umsatz mit Telefonaten und SMS ist innerhalb der vergangenen zwei Jahre gesunken, der Umsatz mit mobilen Datendiensten gestiegen.

Neue, aggressivere Wettbewerber aus dem Software- und Internetumfeld - etwa Skype, Dropbox oder WhatsApp - drängen mit kostenlosen Angeboten für Sprach- und Datentransfer in die angestammten Domänen der Telekomunternehmen und belasten damit deren ehemals margenstarke Sprach- und SMS-Angebote, heißt es vom Strategieberater Booz & Company. Die Zahl der verschickten SMS ist seit Herbst 2012 im Sinken - durch die zunehmende Verbreitung von Smartphones wird häufiger über Apps wie den Nachrichtendienst WhatsApp kommuniziert, der diese Woche um 19 Milliarden Dollar von Facebook gekauft wurde.

Kräftig investieren müssen Mobilfunker in den Netzausbau und in Lizenzen zur Nutzung von Frequenzen. Der Telekomausrüster ZTE schätzt, dass A1, T-Mobile und "3" noch bis zu 1,5 Milliarden Euro für den Endausbau des schnelleren Übertragungsstandards LTE ausgeben werden müssen. Mit den um zwei Milliarden Euro ersteigerten Lizenzen kostet der Netzausbau somit rund 3,5 Milliarden Euro, rechnet der Vertriebschef von ZTE-Österreich, Alexander Schuster, vor. Die teure Frequenzauktion sei "nicht intelligent" gewesen. Erlöst wurde fast das Vierfache des Mindestgebots. "Das Geld fehlt jetzt für den Ausbau", so Schuster. Er sieht die Gefahr, dass sich die Mobilfunker durch die Versteigerung überschuldet haben und von drei Konkurrenten nur zwei übrig bleiben.

Bis zur Gerichtsentscheidung ist Frequenz-Erlös "geparkt"

Der Erlös der Frequenzauktion im Herbst 2013 wurde im Dezember überwiesen und ist derzeit "geparkt". Der Grund: "3" und T-Mobile haben Beschwerde gegen den Bescheid beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht. "3" hofft wegen "schwerer Verfahrensmängel" auf eine Aufhebung der Frequenzzuteilung.

"Das Geld kann nicht angerührt werden, weil wir nicht wissen, wie die Gerichte entscheiden", sagt eine Sprecherin des Infrastrukturministeriums. Jeweils die Hälfte des Erlöses soll an das Finanz- und Infrastrukturministerium gehen. Das Infrastrukturministerium will nach wie vor seine Milliarde in eine "digitale Offensive" mit Schwerpunkt Breitbandausbau investieren. Das Finanzministerium hat im Vorjahr 276 Millionen für den Wohnbau zugesagt, der Rest fließt ins Budget.