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Woran Nachfolger scheitern

Von Andrea Möchel

Wirtschaft

Zu viel Optimismus, zu wenig Eigenkapital, zu hoher Preis als Stolpersteine.


Wien. In der Biografie jedes Unternehmens gibt es kritische Phasen, die über Fortbestand und Scheitern entscheiden. Neben der Firmengründung ist vor allem die Übergabe an einen Nachfolger ein besonders heikler Moment. Mit seiner Studie "Woran scheitern Übernahmen beziehungsweise Nachfolgen bei Klein- und Mittelunternehmen?" hat Unternehmensberater Harald Schützinger die häufigsten Fallstricke für Nachfolger eruiert.

232 Experten für Firmenübergaben, darunter Steuerberater, Unternehmensberater und Übergabeconsultants wurden für das Projekt des Managementcenters Nord befragt. Ihre "Vogelperspektive" sollte verhindern, dass Emotionen den Blick auf die tatsächlichen Ursachen für ein Scheitern trüben.

Zu viel Optimismus

75 Prozent der befragten Experten werteten die zu optimistische Planung des Übernehmers als besonders häufiges Problem. "Das war für mich überraschend, denn bei Nachfolgen kennt man doch die Performance des zu übernehmenden Unternehmens über lange Jahre hinweg, sodass man durchaus eine entsprechende Planungsgenauigkeit hinbekommen könnte", zeigt sich Studienautor Schützinger verwundert. "Offensichtlich sind die Nachfolger aber so euphorisch, dass sie meinen, so viel in naher Zukunft ändern zu können, dass es gleich viel besser laufen wird, was dann leider oft nicht so eintritt." Ebenfalls rund 75 Prozent der für die Studie Befragten machten mangelndes Eigenkapital als große Gefahr aus. "Der Übernehmer sollte sein Abenteuer nur eingehen, wenn ausreichend Eigenkapital im Unternehmen vorhanden ist, sei es, dass er dieses mit ausreichend Eigenkapital ausstattet oder genügend Eigenkapital vom Übergeber im Unternehmen verbleibt", rät Schützinger.

Er warnt vor einem weiteren Faktor, der das Scheitern einer Übernahme begünstige: ein zu hoher Preis. Der Übergeber müsse oft von den Erträgen aus der Firmenübergabe seinen Lebensabend finanzieren, ob hierfür auch ausreichend Unternehmenswerte geschaffen wurden, sei aber oft fraglich. Schützinger: "Eine Übergabe sollte daher generell zu jenem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Wert des Unternehmens am höchsten ist."

In die Zukunft blicken

Das Fehlen eines Businessplans bezeichnen 51 Prozent der Experten als wesentlichen Faktor für das Scheitern von Nachfolgen. "Häufig wird kein Businessplan erstellt, da ohnedies in der Familie übergeben wird und man einfach nur auf die vergangenen Bilanzen schaut", erklärt sich Schützinger das Ergebnis. "Vor allem, wenn keine besondere Finanzierung für den Nachfolger aufgestellt werden soll, gibt es auch keine Institution, die einen Businessplan verlangt." Dabei sei der Prozess der Businessplan-Erstellung weitaus wesentlicher als das Ergebnis selbst, so der Strategieexperte. "Bei der Erstellung werden jedem Übernehmer und Nachfolger die Erfolgsfaktoren bewusst, die es in der Folge zu beachten gilt."

Daneben kann auch das Fehlen eines Notfallplans, zum Beispiel für das frühzeitige Ableben des Übergebers oder des Übernehmers, eine Firma existenziell gefährden. Spezielle Probleme verursacht ein fehlender Plan B, wenn der Nachfolger ein Familienmitglied sein soll. Nicht immer will oder kann der geplante Nachfolger die Aufgabe auch bewältigen. So hat das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn erhoben, das fast 75 Prozent der Firmeninhaber eine Fortführung im Familienbesitz wünschen, dies aber tatsächlich nur zu knapp 43 Prozent der Fall ist. "Rechtzeitig mit der Übergabe anfangen, und obwohl es vielleicht klar erscheint, wer der designierte Nachfolger ist, auch einen Plan B entwickeln", rät Schützinger. Außerdem: Darauf achten, dass der Nachfolger auch die nötigen Führungseigenschaften besitzt. "Vor Aufnahme eines neuen Mitarbeiters in die Führungsebene wird dieser in der Regel ausreichend getestet. Dem folgend sollten auch Familienmitglieder auf ihre Führungsfähigkeiten hin gecheckt werden."

Die Studie belege außerdem die Bedeutung externer Berater im Übernahmeprozess. "Bei den Hardfact-Themen wie der erb-, abgaben- und unternehmensrechtlichen Optimierung benötigt man unbedingt einen Berater. Das Thema ist komplex, und Fehler können viel Geld kosten", weiß Schützinger.

"Meist wird aber vergessen, dass die Softfact-Themen genauso wichtig sind." Auch diese könne der Berater begleiten und steuern, indem er etwa Konflikte sichtbar macht, eventuell eine Mediation durchführt oder mithilft, das Geschäft auf den Übernehmer und seine Stärken zuzuschneiden. "Der Berater ist der Übersetzer unterschiedlicher Wahrnehmungen", sagt Schützinger. "Aber Achtung: Viele Köche verderben den Brei." Gerade in Familienbetrieben sollte man nur wenige Berater einsetzen. "Am besten einen Berater, der für beide Generationen die rechtlichen Thematiken optimiert und betriebswirtschaftliche Aspekte wie Nachfolgekonzepte entwickelt. Auch hier gilt: Lieber das Einende als das Teilende suchen."