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Die total vernetzte Branche

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
Gute Einfälle: Die heimische Kreativbranche wächst dynamisch.
© alphaspirit/fotolia

Die österreichische Kreativwirtschaft hat sich vom Nischensegment zu einer stetig wachsenden Erfolgsbranche gemausert.


Wien. Branchen auf Wachstumskurs sind in (Krisen-)Zeiten wie diesen eine Rarität. Und doch gibt es sie, wie die dynamische Performance der heimischen Kreativwirtschaft belegt. Derzeit arbeiten hierzulande zirka 150.000 Beschäftigte in rund 40.000 Kreativunternehmen. Zu den "Creative Industries" zählen die Branchen Mode, Medien und Musik, Video, Film und Fotografie; ebenso Beratung und Training, Multimedia, Software und Games sowie Architektur, Design, Grafik, Kunst und Wissenschaft.

"Es ist deutlich sichtbar, dass die österreichische Kreativwirtschaft in den vergangenen fünf Jahren gewachsen ist, zudem haben sich die Strukturen ihrer Netzwerke verdichtet und verstärkt", fasst Harald Katzmair, Geschäftsführer des Forschungsinstitutes FAS.research, die zentralen Ergebnisse seiner soeben veröffentlichten "Netzwerkstudie 2014" zusammen. Die Netzwerkanalytiker von FAS.research hatten bereits 2009 im Auftrag der WKO-Arbeitsgemeinschaft creativ wirtschaft austria (cwa) den Vernetzungsgrad und die wichtigsten Player innerhalb der heimischen Kreativbranche erhoben. Nun wurde untersucht, ob und wie sich die Vernetzung verändert hat und in welchen Bereichen neue Akteure und Beziehungen hinzugekommen sind.

Gut vernetzte Einzelkämpfer

"Die scheinbaren Nachteile der Kreativindustrie, 60 Prozent Ein-Personen-Unternehmen (EPU) und flexible Strukturen, haben sich zu einem Faktor der Krisenresistenz entwickelt", zieht Gerin Trautenberger, Vorsitzender der creativ wirtschaft austria, eine wesentliche Erkenntnis aus der aktuellen Studie. "Die Kreativindustrie ist agiler und ein Nährboden für den Erneuerungszyklus von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Damit ist die Kreativwirtschaft ein wichtiger Partner für die Industrie und die traditionelle Wirtschaft."

Ein weiteres zentrales Ergebnis der Netzwerkstudie: Die Kreativen sind insgesamt besser vernetzt - und das quer über alle Branchen und Bundesländer hinweg. Nach Wien, Vorarlberg und der Steiermark haben mittlerweile auch Tirol, Niederösterreich, Burgenland und Kärnten den Anschluss gefunden. "Die Netzwerkstudie zeigt auch, dass die Kreativwirtschaft in Oberösterreich gewachsen und deutlich sichtbarer geworden ist", betont Trautenberger. Mit der Tabakfabrik Linz und der Fachhochschule Hagenberg mit ihrer boomenden Software- und Gamebranche hat Oberösterreich mittlerweile zwei besonders dynamische Kreativ-Zentren vorzuweisen.

Leuchtturmbetriebe

Und so gibt es heute in allen Bundesländern eine höhere Dichte an sogenannten Leuchtturmbetrieben, Innovatoren und Netzwerkern als noch 2009. Ein Beispiel: Wurden vor fünf Jahren noch 900 Personen als wichtige Player genannt, sind es 2014 bereits rund 1500. Doch nicht alle Teile der Creative Industries sind gleich gut vernetzt: So hat die Netzwerkstudie auch gezeigt, dass die Bereiche Musik und Fotografie unter einer "Inselstellung" - sprich schlechter Vernetzung - leiden. Die Analysten von FAS.research leiten daraus ab, dass diese Teile der Kreativwirtschaft unter starkem Druck stehen und gerade einen radikalen Strukturwandel vollziehen. "Dieses Ergebnis hat mich genauso überrascht wie die starke Vernetzung der Games- und Multimedia-Industrie, die gerade in ihrer Aufbruchsphase stehen und damit ein Vorbild für die ganze Branche darstellen", sagt Trautenberger.

Typisch für die Kreativ-Branche ist neben der großen Bedeutung des Humankapitals auch die hohe Akademikerquote, sowohl bei Gründern als auch bei Mitarbeitern. "Dadurch wird die Kreativwirtschaft zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Wissenschaft, Forschung und Anwendung in der Wirtschaft und kann Forschungsergebnisse in neue Marktangebote transferieren", ist Gerin Trautenberger überzeugt. An jungen und innovativen Newcomern fehlt es laut Studie jedenfalls nicht. "Besonders der Modebereich und die Bereiche Multimedia, Software und Games sowie Design & Grafik müssen sich keine Nachwuchssorgen machen", freut sich der cwa-Vorsitzende.

Förderprogramme

Einen Dynamo für die größer werdende Dichte des Netzwerks ortet Trautenberger nicht zuletzt in den Förderprogrammen der vergangenen Jahre. 2013 wurden über die Innovationsförderung evolve sechs Millionen Euro und über den Kreativwirtschaftsscheck drei Millionen Euro ausgeschüttet. Mit diesem Scheck konnten KMU mit je 5000 Euro gefördert werden, wenn sie die Leistung eines Kreativunternehmens in Anspruch nahmen. "Der Scheck ist wichtig, um das Innovationspotenzial bei KMU durch die Kreativwirtschaft zu heben und Kreativleistungen gezielt als Wachstumstreiber zu nutzen", betont Trautenberger. Die WKO fordert daher die dauerhafte Fortführung beider Fördermaßnahmen. Tatsächlich stehen die Chancen dafür nicht schlecht. "Sowohl evolve als auch der Kreativwirtschaftsscheck sollen fortgesetzt werden", heißt es auf Anfrage der "Wiener Zeitung" aus dem Wirtschaftsministerium. "Aus derzeitiger Sicht gehen wir davon aus, dass sich das Fördervolumen wieder ungefähr in der Größenordnung der vergangenen Jahre bewegen wird."