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EU-Beihilfenrecht wird modernisiert

Von Andrea Möchel

Politik
Geldsegen aus der EU: Beihilfen unterliegen strengen Regeln.
© M. Schuppich/fotolia

Kommission verordnet den Mitgliedstaaten größere Transparenz bei der Vergabe von Beihilfen.


Brüssel. Als einen der Eckpfeiler ihrer Initiative zur Modernisierung des EU-Beihilfenrechts führt die Europäische Kommission neue Transparenzvorschriften für die Gewährung staatlicher Zuschüsse ein. Betroffen davon sind Beihilfen in Höhe von mehr als 500.000 Euro, die durch die Mitgliedstaaten vergeben werden. "In Österreich dürfte der Anteil der Beihilfen in dieser Höhe bei weniger als 20 Prozent aller staatlicher Beihilfen liegen", heißt es dazu aus dem Wirtschaftsministerium.

Wird die 500.000-Euro-Grenze überschritten, müssen künftig der Name des Empfängers, die Höhe und der Zweck der Beihilfe sowie deren Rechtsgrundlage veröffentlicht werden. Ferner muss angegeben werden, ob es sich beim Empfänger um ein KMU oder um ein großes Unternehmen handelt, wo der Empfänger seinen Sitz hat und welcher Branche er angehört. Darüber hinaus müssen die Art der Beihilfe und das Datum der Gewährung genannt werden.

Spezielle Website

Damit die Beihilfen rechtmäßig sind, müssen die Informationen innerhalb von sechs Monaten ab Vergabe der Beihilfe auf nationalen oder regionalen Websites veröffentlicht werden.

"Künftig werden Bürger und interessierte Parteien sehen können, welche Unternehmen staatliche Beihilfen erhalten haben, wie hoch diese Beihilfen waren, und zu welchem Zweck sie gewährt wurden", erklärt Joaquín Almunia, der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission. "Das wird dazu beitragen, dass Steuergelder effektiv genutzt werden. Denn Transparenz fördert Verantwortlichkeit und eine wirksamere Politik."

In Österreich wird die Transparenz-Website durch die Abteilung "EU-Beihilfenrecht" im Wirtschaftsministerium eingerichtet und koordiniert. "Wobei sich das Wirtschaftsministerium mit den anderen nationalen Förderungsstellen abstimmt, die unmittelbar Beihilfenrecht zu beachten haben", erläutert ein Sprecher von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) der "Wiener Zeitung". Die technische Ausgestaltung werde noch geprüft. Der genaue Zeitpunkt für den Start der Website ist derzeit ebenfalls noch offen. "Die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) sieht dafür einen Zeithorizont von bis zu sechs Monaten ab dem Inkrafttreten am 1. Juli 2014 vor. Die Transparenzverpflichtung greift demnach ab dem 1. Jänner 2015", heißt es dazu aus dem Wirtschaftsministerium.

Mehr Freistellungen

Um einen überbordenden bürokratischen Aufwand zu vermeiden, hat die Kommission zeitgleich die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) überarbeitet. Demnach können die Mitgliedstaaten künftig mehr Beihilfemaßnahmen und höhere Beihilfebeträge gewähren, ohne diese vorher bei der Kommission zur Genehmigung anmelden zu müssen. Betroffen von der Freistellung sind jene Beihilfen, "bei denen übermäßige Verfälschungen des Wettbewerbs im Binnenmarkt nicht sehr wahrscheinlich sind", so die Kommission. Freigestellt sind auch jene Zuschüsse, die bestimmte Voraussetzungen wie zum Beispiel eine geringe Beihilfenhöhe erfüllen.

Auf Basis der bisherigen Verordnung von 2008 sind rund 60 Prozent aller Beihilfemaßnahmen und etwas mehr als 30 Prozent der Beihilfebeträge, die jedes Jahr in der EU gewährt werden, freigestellt. Die Kommission schätzt nun, dass nach der überarbeiteten AGVO rund drei Viertel der derzeitigen Beihilfemaßnahmen und rund zwei Drittel der Beihilfebeträge nicht mehr unter die Anmeldepflicht fallen werden. Ziel der neuen Verordnung ist es, "gute Beihilfen" zu fördern. Das sind jene, die das Wirtschaftswachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen oder andere Ziele von gemeinsamem Interesse, wie Umweltschutz, den Einsatz erneuerbarer Energieträger oder Investitionen in Forschung und Innovation unterstützen.

Zugleich soll die Verordnung zu einer beträchtlichen Verringerung des Verwaltungsaufwands für die Mitgliedsstaaten führen und einen schnelleren und gezielteren Einsatz von Beihilfen ermöglichen. "Die neuen Vorschriften bieten einen Anreiz für die Einführung intelligenter Beihilfemaßnahmen, die einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten, ohne den fairen Wettbewerb zu beeinträchtigen", erläutert Joaquín Almunia. "Wenn die Mitgliedstaaten die Möglichkeiten für die Gewährung von Beihilfen, die unter die erweiterten Freistellungen von der Anmeldepflicht fallen, in vollem Umfang nutzen, könnten die meisten Beihilfemaßnahmen sofort und ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission durchgeführt werden."

Im Gegenzug wird die Kommission ihre Prüfung künftig auf jene Beihilfemaßnahmen konzentrieren, bei denen eine Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt am wahrscheinlichsten ist. Gleichzeitig soll eine effektivere nachträgliche Kontrolle der unter die Freistellung fallenden Beihilfen vorgenommen werden.

"Es gilt deshalb zu beachten, dass die Erleichterungen bei den Anmeldeverpflichtungen mit neuen Monitoring- und Transparenz-Anforderungen einhergehen", hütet man sich im Wirtschaftsministerium vor allzu hohen Erwartungen. "Wie sehr der Verwaltungsaufwand reduziert werden kann, wird sich also erst in der Umsetzungspraxis der Verordnung zeigen."