Zum Hauptinhalt springen

Zusteller unter Druck

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Paketzusteller als Subfirmen: Viele Lieferanten arbeiten als Ein-Personen-Unternehmen.
© fotolia/Ilan Amith

Arbeitnehmervertreter orten in der Post-Branche Scheinselbständige und prekäre Beschäftigung.


Wien. Klingelt der Paketbote an der Tür, ist er zwar im Auftrag eines Paketdienstes unterwegs, aber zum Teil auf eigene Rechnung. Globale Paketzusteller und Expressdienste von DPD über UPS und FedEx bis GLS, aber in einigen Regionen auch die Post AG, lagern die Paketzustellung an Subunternehmen aus. Diese nehmen für die Zustellung häufig selbständige Fahrer als Sub-Sub-Firmen unter Vertrag.

Der größte private Paketdienst DPD Austria arbeitet für den Transport von durchschnittlich rund 157.000 Paketen täglich mit 150 Systempartnern zusammen, die mehr als 1100 Fahrer beschäftigen. Auch die Österreich-Tochter des niederländischen Paket- und Expressdienstleisters GLS beauftragt wie branchenüblich Transportunternehmen mit der Paketabholung und -zustellung.

Die Arbeiterkammer (AK) bezeichnet Ein-Personen-Unternehmen, die Pakete zustellen, als Scheinselbständige, die de facto von einem Auftraggeber abhängig sind. Zudem kritisieren die Arbeitnehmervertreter die Arbeitsbedingungen: Selbständige Zusteller haben extrem lange Arbeitszeiten von bis zu 15 Stunden täglich, heißt es. Durch moderne Technologien, etwa GPS, Track and Trace, sei mehr Kontrolle und Überwachung der Logistik und damit der Zusteller möglich.

Zusteller mit Werkvertrag

Ebenfalls als prekär stuft die AK die Arbeitsbedingungen der Brief-, Werbemittel- und Zeitungsverteiler ein, von denen laut Angaben der Arbeiterkammer 90 Prozent als Werkvertragsnehmer beschäftigt sind. Die Post-Tochter Feibra verfügt über rund 1000 bis 1200 Zusteller, alle auf Werkvertragsbasis. "So kann das Unternehmen flexibel auf Auftragsschwankungen reagieren", sagt Feibra-Sprecher Michael Seidl. Bezahlt wird pro Zustellung - der Betrag hängt von der Schwierigkeit der Zustellung ab, so Seidl: Bei Wohnhäusern verdienen die Zusteller weniger pro Sendung, bei auseinanderliegenden Siedlungen am Land mehr.

Die AK kritisiert, dass für diese Personen keine arbeitsrechtlichen Standards gelten und diese nicht versichert sind, sofern sie sich nicht selbst versichern. "Aufgrund der niedrigen Löhne und geringen Beschäftigungssicherheit ist ein steigender Prozentsatz der Arbeit im Postsektor als prekäre Beschäftigung einzustufen", heißt es von der AK. AK-Präsident Rudolf Kaske spricht vom "Akkordlohn durch die Hintertür".

Post-Gewerkschafter Helmut Köstinger sieht die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Ein einheitlicher Kollektivvertrag für die Postbranche existiert nicht. Bei der Post AG verdienen 2000 bis 2500 der 8300 Zusteller nach dem 2009 abgeschlossenen neuen, schlechteren Post-KV 1390 Euro brutto pro Monat. Die Beschäftigten von Paket- und Expressdiensten sind in sechs verschiedenen Kollektivverträgen erfasst: Handels-KV, Speditions-KV, KV Güterbeförderung, KV Expedit, KV Werbung und Marktkommunikation, KV für Kleintransporteure. Die Kommunikationsgewerkschaft GPF und die AK fordern einen einheitlichen Kollektivvertrag für die Post-Branche. Mit der Wirtschaftskammer spreche man laut Köstinger seit zehn Jahren über einen Branchen-KV, bisher erfolglos.