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Russland-Embargo drückt auf Preise

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Das Importverbot für Agrarprodukte aus der EU führt zu einem Preisverfall.


Wien. "Die Schweinewirtschaft ist dabei, in eine Krise zu schlittern", sagt Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing. Das Russland-Embargo auf Fleisch, Milch, Käse, Obst und Gemüse aus der EU sorge für ein Überangebot auf vielen Märkten, und dieses übe Druck auf die Preise aus. Moskau wirft Kiew indes vor, aus russischer Sicht verbotene Produkte aus der EU nach Russland zu liefern. Der Import von Obst und Gemüse über die Ukraine habe im September spürbar zugenommen, sagte der Direktor der Moskauer Agraraufsicht, Sergej Dankwert, am Dienstag der Agentur Tass.

Von einer "drastischen Preisreduktion" bei Fleisch spricht Alois Strohmeier, Geschäftsführer bei Steirerfleisch: "Russische Abnehmer haben fette Produkte wie Rückenspeck und Kopffleisch sowie Innereien gekauft. Es ist schwer, für diese Produkte in anderen Absatzmärkten einen vernünftigen Preis zu erhalten." Pro verkauftes Schwein verlieren die heimischen Schweinebauern im Vergleich zum Vorjahr 30 Euro, rechnet Schweinebäuerin Maria Pein, Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer Steiermark, vor. Das sei ein Minus von rund 19 Prozent. Viele Betriebe hätten Probleme, Kosten für Treibstoff, Strom, Zukauffutter sowie die Erntekosten zu bezahlen.

Hoffnungsmarkt China

Zwar sind ähnliche Fleischteile wie in Russland - von Schweinefüßen und -schwarten bis zu Kopffleisch und Innereien - auch in China gefragt. Doch beim Export in das Land gibt es noch Hindernisse, weil es kein Veterinärabkommen zwischen Österreich und China gibt - im Gegensatz zu Deutschland. Eine österreichische Delegation aus Politik und Firmenvertretern fliegt an diesem Wochenende nach Peking, um eine gegenseitige Anerkennung der Veterinärstandards auf den Weg zu bringen. Unter den Firmenvertretern ist auch Strohmeier, der Asien aufgrund der steigenden Nachfrage nach Fleisch und wachsenden Bevölkerungszahl als interessanten Markt sieht. Nach Japan, Südkorea und Singapur exportiert Steirerfleisch bereits, bald sollen die Philippinen folgen.

Auch bei Milchprodukten gilt China als Hoffnungsmarkt und als Alternative zu Russland, das im Vorjahr 250.000 Tonnen Käse und 35.000 Tonnen Butter aus Österreich importiert hat. Doch die Konkurrenz ist groß: "Viele europäische Hersteller suchen neue Absatzmärkte. Andere europäische Länder haben China als Markt früher entdeckt", so Blass.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie, nennt neben Asien den Westbalkan und den Mittleren Osten als Regionen, wo österreichische Lebensmittel künftig besser vermarktet werden sollen. Doch auch in den bewährten Exportländern, etwa Deutschland, soll mehr verkauft werden.

Exportsteigerung eingebremst

Die Steigerungsrate bei den österreichischen Agrarexporten hat sich heuer im ersten Halbjahr zum ersten Mal seit 20 Jahren eingebremst. Nach einem Exportwert von 9,5 Milliarden Euro im Vorjahr stieg der Wert der seit dem EU-Beitritt erfolgsverwöhnten Branche im ersten Halbjahr um 1,8 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für heuer wird mit einer Stagnation gerechnet. Auch die Lebensmittelindustrie erwartet, dass das Export-Rekordergebnis aus dem Vorjahr heuer nur schwer zu übertreffen sein wird.

Die Agrarexporte nach Russland sanken im ersten Halbjahr um 14 Prozent, Grund dafür war eine Importsperre österreichischer Schlachthöfe und Molkereien im Frühjahr. Das im August verhängte Embargo wird sich erst im zweiten Halbjahr auswirken.

Betrachtet man das gesamte Agrar-Exportvolumen, so gingen im Vorjahr nur 2,5 Prozent der Ausfuhren nach Russland, relativiert Blass die Bedeutung des russischen Marktes. Hauptabnehmer ist Deutschland, wo ein Drittel der Exporte hingeht. Mit einem Exportplus von fast vier Prozent hat Deutschland den Rückgang in andere Länder kompensiert.

Ein Plus von elf Prozent gab es bei den Exporten in die USA, damit ist das Land nach Deutschland und Italien der drittgrößte Abnehmer. Grund war der gestiegene Export von Energydrinks, die 90 Prozent des Exportvolumens in die USA ausmachen.