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Die verflixte sechste Woche

Von Daniel Bischof

Wirtschaft
Arbeitnehmer-Verhandler Franz Georg Brantner (links) und Arbeitgeber-Verhandler Peter Buchmüller (rechts).

Kollektivvertragsverhandlungen für Beschäftigte im Handel gingen am Mittwoch in die erste Runde.


Wien. Es ist ein altbewährtes Spiel, welches die Sozialpartner im Handel alle ein bis zwei Jahre regelmäßig austragen: Die Kollektivvertrags-Verhandlungen über Gehaltserhöhungen. Vorsichtig werden die Positionen des Gegenübers überprüft, eigene Forderungen gestellt, so mancher Kompromiss geschlossen. Knackpunkt der diesjährigen Verhandlungen, die am Mittwoch begannen, ist die Forderung der Gewerkschaft nach einer sechsten Urlaubswoche für alle, die 25 Jahre gearbeitet haben.

Doch was für einen wirtschaftlichen Effekt hätte dieser Schritt eigentlich? Die Frage sei, was man von der sechsten Urlaubswoche überhaupt erwarte, sagt Martin Risak, Professor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien, zur "Wiener Zeitung". "Soll sie eine relevante Arbeitszeitverkürzung sein, durch die neue Jobs geschaffen werden sollen? Dann wird eine Woche für ältere Arbeitnehmer nicht gerade den Ausschlag geben - insbesondere, wenn berücksichtigt wird, dass Urlaube in Österreich häufig gar nicht verbraucht werden." Die Beschäftigungswirksamkeit der sechsten Urlaubswoche sei deshalb höchstwahrscheinlich sehr gering, meint Risak.

"Grundsätzlich wird jährlich eigentlich nur über die Lohntafeln verhandelt und über sonst nichts. Deswegen sind die Kollektivverträge verhältnismäßig statisch, wenn sie mal da sind", so Risak. Doch bei den jetzigen Verhandlungen geht es der Gewerkschaft eben nicht bloß um Anpassung und Erhöhung der Löhne: Dieses Jahr will sie neben der sechsten Urlaubswoche auch die volle Anrechnung der Karenzzeiten bei Gehaltsvorrückungen, Jubiläumsgeldern, der Urlaubsanrechnung sowie Kündigungsfristen.

Arbeitgeber gegen mehr Urlaub

Die Arbeitgeber wollen den Forderungen der Gewerkschaft bisher nicht nachkommen. Dem Ruf nach zusätzlichem Urlaub für alle erteilte Arbeitgeber-Chefverhandler und Handelsobmann Peter Buchmüller bereits im Vorfeld der Verhandlungen eine Absage: "Das kann sich der Handel sowieso nicht leisten und ist für uns im Grunde kein Thema."

Auch bei der vollen Anrechnung der Karenzzeiten will Buchmüller nicht nachgeben. Vor drei Jahren habe man sich schon geeinigt, für das erste Kind zehn Monate anzurechnen: "Ich bin nicht bereit, schon wieder über dieses Thema zu reden."

Der Kampf um mehr Urlaub wird aber nicht nur im Handel ausgefochten. Auch die Metaller-Gewerkschaft fordert in den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen die Einführung einer sechsten Urlaubswoche. Derzeit bekommen Beschäftigte diese nur dann, wenn sie 25 Jahre durchgehend im selben Unternehmen gearbeitet haben. Schätzungsweise hat in Österreich jeder zehnte Arbeitnehmer eine sechste Urlaubswoche. Bei den Gehaltsvorstellungen haben Gewerkschaft und Arbeitgeber ebenfalls unterschiedliche Ansichten. Die Gewerkschaft fordert ein deutliches Plus über der Inflationsrate - die Arbeitgeber sehen kaum Luft nach oben.

Unter den Handels-Kollektivvertrag fallen rund 530.000 Beschäftigte im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel. Schon seit geraumer Zeit wird über eine Systemumstellung auf KV-Ebene diskutiert. Zwar gibt es nur einen Handels-KV, dieser ist aber aufgrund seiner verschiedenen Gehaltstafeln kompliziert und ungerecht. So verdienen Angestellte im Buchhandel mehr als Kollegen im Textilhandel. Auch ist bei gleichen Voraussetzungen das Einkommen in einem Bundesland höher als im anderen. Bei Redaktionsschluss war die erste Verhandlungsrunde noch im Gange.