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Ein Löffelchen voll Zucker

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Die bittere Medizin für Heta/Hypo-Gläubiger wird mit Bundesanleihen versüßt, da eine Ablehnung des 75-Prozent-Offerts droht.


Wien/Klagenfurt. Die Vorgänge in der globalen Finanzwirtschaft werden oft als zu kompliziert und für den Bürger undurchschaubar wahrgenommen. Bei der Abwicklungsgesellschaft der Hypo Alpe Adria, Heta genannt, ist dies nicht anders. Dabei ist es eigentlich recht simpel, das beliebte Musical "Mary Poppins" bietet eine brauchbare Wissensbasis. Darin singt das Kindermädchen: "Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt, rutscht sie gleich noch mal so gut."

Also hat der Finanzminister der Republik, Hans Jörg Schelling, den Gläubigern der Kärntner Ex-Landesbank ein Angebot versüßt. Denn die sollen bis 11. März zustimmen, dass ihre mit einer Haftung des Landes Kärnten versehenen Anleihen in Höhe von 10,4 Milliarden Euro nur zu 75 Prozent bezahlt werden, das sind also 7,8 Milliarden Euro. Dieser Betrag würde den heimischen Steuerzahlern erspart bleiben. Um das Angebot rechtlich bindend zu machen, müssen zwei Drittel der privaten Gläubiger zustimmen.

Nun hat sich eine Gruppe deutscher Finanzinstitute rund um den Allianz-Versicherung-Investmentfonds Pimco, die angeblich mehr als ein Drittel der Summe auf sich vereinen, zusammengetan, um dies abzulehnen. Ihr Standpunkt: Die Republik soll 100 Prozent bezahlen, und Schluss.

Bundesanleihen sollen Gläubigern Abschlag versüßen

Der Finanzminister macht nun den Gläubigern folgenden Vorschlag: Wenn sie den Abschlag akzeptieren, erhalten sie im selben Ausmaß eine Bundesanleihe der Republik Österreich um 75 Prozent des Nennbetrages. Diese Anleihe ist ein sogenannter Zerobond, aber auch vor diesem Begriff muss sich niemand fürchten. Es handelt sich um Anleihen, die endfällig sind: Während der Laufzeit werden keine Zinsen bezahlt, sondern am Ende mit einem Aufschlag beglichen. In diesem Fall läuft die Anleihe 18 Jahre, sie wird also 2034 getilgt, allerdings mit 100 Prozent. Das ergibt eine durchschnittliche jährliche Verzinsung von 1,6 Prozent. Für die Gläubiger bietet dies den Vorteil, dass sie keine sündteuren Prozesse führen müssen. Sollte das Angebot bis 11. März nicht angenommen werden, erlischt es. Geplant ist, dass die Republik Österreich die Null-Zins-Kupon-Anleihe am oder um den 18. März begibt. Dies berichtete Bloomberg unter Berufung auf die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur.

Klagen gegen Schuldenschnitt würden Jahre dauern

Nun kommen - um beim "Mary Poppins"-Vergleich zu bleiben - die Rauchfangkehrer ins Spiel, und zwar in Form der Finanzmarktaufsicht. Diese muss gemäß dem Bankenabwicklungsgesetz
in den kommenden Wochen die hoffnungslos überschuldete Heta "entschulden", um den Konkurs zu vermeiden. Das funktioniert mittels Schuldenschnitt, der dem Vernehmen nach bei mehr als 50 Prozent liegen wird. 100 Euro Hypo-Verbindlichkeiten sind dann weniger als 50 Euro wert.

Gläubiger können dagegen klagen, doch dies ist ein langer Weg. Zuerst wird das Land Kärnten geklagt. Das Land erklärt die Haftung für inexistent - es musste jedem Investor klar gewesen sein, dass ein kleines Bundesland nicht in der Lage sein kann, diese zu erfüllen. Die Klage geht bis zum Europäischen Gerichtshof und dauert Jahre.

Selbst wenn diese Klage erfolgreich sein sollte, wird das Land Kärnten erklären, dass es sich um eine Ausfallshaftung handelt, also erst Geld fließen kann, wenn alle Vermögenswerte der Heta/Hypo verkauft sind. Das dauert Jahre.

Wenn dies auch noch von Gläubigern durchgefochten wird, geht das Land Kärnten pleite, weil es nicht in der Lage ist, 11 Milliarden Euro zu zahlen. Dann müssen die Gläubiger versuchen, Vermögenswerte des Landes Kärnten via Gericht zu erhalten. Das ist nicht anders als bei einem privaten Schuldner, bei dem mittels Gerichtsvollzieher eine Exekution durchgeführt wird.

Manche Vermögenswerte, wie etwa Schulen, Landesstraßen und anderes, sind aber so gut wie nicht "vollstreckbar" - was sollte das einer Allianz-Versicherung helfen? Wenn der Betrag hoch genug ist, hat also der Gläubiger größere Probleme als der Schuldner, außer es wird etwas erlassen. Mit der nun angebotenen Bundesanleihe statt der Hypo-Anleihe fahren Gläubiger tendenziell besser, weil sie diese Anleihen ja relativ teuer gekauft haben.

Hypo Kärnten kostete den Staat bisher 5,5 Milliarden Euro

Die - aus österreichischer Sicht eher renitente deutsche Gläubigergruppe muss sich also nun überlegen, welches Szenario sie wählt. Sollten die Gläubiger es weiterhin auf die harte Tour spielen und am 11. März ablehnen, steht allerdings allen eine schwierige Zeit bevor. Denn die Hypo-Abwicklungsgesellschaft Heta könnte dann durchaus gezwungen sein, ihre Veräußerungserlöse auf ein Sperrkonto zu legen. Dann könnte darauf nicht zurückgegriffen werden. Daraus sollen aber die 1,3 Milliarden Euro bezahlt werden, die der Vergleich mit der BayernLB kostet.

Bisher hat die Kärntner Hypo den Staat 5,5 Milliarden Euro netto gekostet. Das Land Kärnten wird ebenso belastet bleiben. Und wenn die Veräußerung der verbliebenen Vermögenswerte weniger als 7,8 Milliarden Euro ergibt, wird auch diese Differenz bei der Republik hängen bleiben. 2034 müssen - selbst bei Annahme des Angebots - 11 Milliarden Euro gezahlt werden.

Fazit 1 der Geschichte: Landeshaftungen müssen so heruntergefahren werden, dass sie im Ernstfall tatsächlich finanzierbar sind.

Fazit 2: Man muss kein Experte in Finanzwissenschaften sein, aber "Mary Poppins" sollte man schon kennen.