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Die Bank, die keiner braucht

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Die Wohnbau-Investitionsbank soll 30.000 Wohnungen finanzieren. Billiger wird Wohnen dadurch nicht.


Wien. "Die Politik wünscht dies, also werden wir dem nachkommen", ist aus Bankkreisen zu hören. "Dies" ist eine neu zu gründende Wohnbau-Investitionsbank (WBIB), die die Grundlage für die politisch bereits versprochene Wohnbau-Offensive bildet. Die Bank wird im Wesentlichen den Bausparkassen gehören, allerdings mit einer Haftung der Republik in Höhe von 500 Millionen Euro ausgestattet sein. Das wiederum ermöglicht günstige Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Höhe von 700 Millionen. Beides zusammen würde dann ein Wohnbau-Volumen von zirka 5,8 Milliarden Euro ermöglichen, mit denen in fünf bis sieben Jahren etwa 30.000 Wohnungen gebaut werden sollen. Zum Vergleich: Der jährliche Bedarf an neuen Wohnungen in Wien wird auf 10.000 geschätzt.

Die Banken sind damit nicht ganz glücklich, denn auch auf sie werden Haftungen entfallen, und zwar rund 100 Millionen Euro. Das Vehikel ist auch in der Regierung nicht ganz unumstritten, Finanzminister Hans Jörg Schelling ist vom Projekt nicht restlos überzeugt. Denn die neue Bank bedeutet auch Verwaltung und Regulierung. Das Mindestkapital der Förderbank von 6 Millionen Euro wird nie unterschritten werden dürfen. Am 10. März wollen die heimischen Finanzinstitute ihre jeweilige Beteiligung daran bekanntgeben. Wenn sich die künftigen Besitzverhältnisse an den Bauspar-Marktanteilen orientieren, dürften die Sparkassen - grob geschätzt - um die 35 Prozent der WBIB übernehmen, Raiffeisen etwa 30, Wüstenrot 25 und die Volksbanken 10 Prozent.

Haftungsentgelt macht den Zinsvorteil zunichte

Nun ist natürlich der Bau zusätzlicher Wohnungen grundsätzlich zu begrüßen, wie Wohnbauexperten betonen. Sie geben aber zu bedenken, dass die WBIB-Offensive werde Wohnen nicht billiger machen werde, wie auch Regierungspolitiker hoffen. Denn für die Haftung der Republik muss die neue Bank ein Entgelt von 0,34 Prozent bezahlen. "Damit ist der Finanzierungsvorteil über die EIB-Gelder dahin", rechnet ein Banker der "Wiener Zeitung" vor. Durch die Niedrigzins-Phase strömt schon jetzt sehr viel Geld in Immobilien.

Das zweite große Problem, das nicht nur, aber auch die WBIB trifft: Wegen der hohen Immobilien-Investitionen steigen die Grundstückspreise eklatant. "Und die sind - neben unsinnigen Vorschriften - das größte Hindernis für billigeres Wohnen", sagt der Chef eines großen Bauträgers. Namentlich zitieren will sich in diesem Fall niemand lassen, da die WBIB ein Projekt der Regierungsspitze ist, die niemand vergrämen möchte.

Auch die WBIB wird Liegenschaften erwerben müssen, auf denen dann gebaut wird. "Die Politik redet immer vom leistbaren Wohnen, und gleichzeitig ist es die öffentliche Hand, die Grundstücksreserven zum Höchstpreis verkauft. Das geht halt einfach nicht zusammen", beklagt sich ein Banker.

Die öffentliche Hand und die dafür zuständigen Politiker wollen sich aber nicht vorwerfen lassen, Eigentum zu verschleudern. "Das steht dann in einem Rechnungshof-Bericht, das tut sich kein Politiker an", meint dazu ein Wohnbau-Finanzierungsexperte.

Ein Beispiel: Jüngst hat die dem Verteidigungsministerium zugeordnete Liegenschaftsverwertung Sivbeg den Verkauf eines 112.000 Quadratmeter großen Grundstückes der Schwarzenberg-Kaserne in Wals-Siezenheim (Salzburg) ausgeschrieben. Mindestpreis sind 27,1 Millionen, das sind 342 Euro pro Quadratmeter. Das Grundstück muss allerdings erst umgewidmet werden und ist mit Garagen bebaut, die weggerissen werden müssen. Zudem befindet sich derzeit ein Containerdorf für Flüchtlinge auf dem Grundstück, dessen Absiedlung in den Sternen steht. All dies muss ein Investor mitberechnen, und dafür sind 342 Euro je Quadratmeter ein recht happiger Preis.

Wohnkosten belasten Haushalte mittlerweile signifikant

Allenfalls darauf entstehende Wohnungen werden also nicht gerade billig sein. "Das ist auch der Grund, warum die Mieten auch bei Neubauten nicht sinken werden", orakelt ein Banker. Die Wohnkostenbelastung in Bezug auf das Einkommen pro Haushalt ist laut Nationalbank-Erhebung in den vergangenen sieben Jahren von etwa 18 Prozent auf mehr als 25 Prozent gestiegen. Bei den niedrigsten Einkommen liegt sie mittlerweile sogar bei mehr als 50 Prozent. Das führt zur teilweisen absurden Situation, dass Bewohner geförderter Wohnungen ihrerseits Sozialtransfers (etwa Heizkostenzuschuss) benötigen, um sich das leisten zu können.

Wohnbauexperten befürchten bei der WBIB-Offensive noch einen zweiten negativen Effekt: Manche Bundesländer könnten versucht sein, den geförderten Wohnbau zurückzufahren, weil es ja ohnehin die WBIB-Offensive gibt. Dann würden deren 30.000 Wohnungen nicht zusätzlich - wie eigentlich beabsichtigt - gebaut werden, sondern als bloßer Ersatz dienen. Denn die an die Länder verteilte Wohnbauförderung macht jährlich 1,78 Milliarden Euro aus, ist aber seit 2009 nicht mehr zweckgewidmet. Und mitunter verwenden die Bundesländer Gelder daraus auch, um ihre Budgets zu ordnen.

Die Arbeiterkammer (AK) hat im Jänner errechnet, dass zwischen 2009 und 2014 - die Rückflüsse aus solchen Wohnbaudarlehen und deren Verkauf an Dritte (meist Finanzinvestoren) eingerechnet - die Bundesländer insgesamt mehr Geld daraus eingenommen als ausgegeben haben. Die AK verlangt daher die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbauförderung für den Wohnbau. Das soll Gegenstand der laufenden Finanzausgleichsverhandlungen sein. Ob es umgesetzt wird, wird sich erst weisen.

Wohnbau-Genossenschaften an Wohnbau-Banken beteiligt

Wenn das neue WBIB-Vehikel nun auch noch netto weniger als die berechneten 30.000 Wohnungen ergeben sollte, fällt auch ein Teil des positiven Beschäftigungseffektes in der Bauindustrie weg. Erhofft werden 17.000 neue Jobs.

Mit der nun auf den Weg gebrachten Änderung beim sogenannten Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz können sich Wohnbau-Genossenschaften auch an den bestehenden Wohnbau-Banken beteiligen. "Diese hätten die EIB-Mittel auch aufstellen können. Warum es unbedingt eine neue Bank braucht, ist wirklich nicht ganz klar. Die Politik sollte sich beim Thema leistbares Wohnen hinsetzen und ein kluges Gesamtkonzept machen. Viel vorhandenes Geld wird nicht einmal für den Wohnbau verwendet", schimpft ein Banker. Allerdings war diese Wohnbau-Offensive der Kernpunkt des Konjunkturprogramms der Regierung bei der Klausur in Krems im Vorjahr. Die dortige Einigung wurde nun gesetzlich umgesetzt.

Die WBIB wird allerdings auch der Finanzmarktaufsicht unterliegen, die Mindestkapitalvorschriften der Banken besonders genau prüft. Auch hier gibt es ein leises Fragezeichen. Die 30.000 Wohnungen dienen der WBIB natürlich auch als grundbücherliche Sicherheit. Sie sind aber erst in sieben Jahren fertig, bis dahin müssen die Banken andere Sicherheiten auftreiben. Diese werden wohl die Banken selbst sein müssen, denn außer der formlosen Zusicherung, dass die WBIB hier bei den Konditionen entgegenkommen wird, gibt es nichts. Die Finanzmaktaufsicht wird sich allerdings mit solchen formlosen Zusicherungen nicht zufriedengeben, sie wird die immer strengeren Regulierungen auch auf die WBIB anwenden müssen. "Vielleicht gibt es über die EIB Möglichkeiten, auch andere EU-Mittel anzuzapfen", hofft ein künftiger Mitbesitzer der WBIB.