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Unicredit sucht intensiv nach Kapital

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Neuer Konzernchef plant neue Gruppenstrategie mit Bank Austria, deutsches Gerücht um HVB-Börsengang.


Mailand/Wien. Der französische Investmentbanker Jean Pierre Mustier, neuer Konzernchef der Unicredit, hat eine umfassende Prüfung der Gruppenstrategie angekündigt. Die Bank Austria erwähnte Mustier nicht. Die italienische Großbank macht sich intensiv auf die Suche nach Kapital, denn daran fehlt es derzeit.

"Strategische Beteiligungen wie die HVB, Osteuropa und die Investmentbank werden ihre Entwicklung fortsetzen", heißt es. So sollen Kundenbeziehungen verstärkt werden, Prozesse effizienter gestaltet sowie stärker auf den Kapitalbedarf geachtet werden. Für alle Bereiche - "ohne Ausnahme" - würden Gelegenheiten geprüft, schrittweise Mehrwert zu schaffen, "möglicherweise auch durch Verkäufe", kündigte Unicredit nach einer Verwaltungsratssitzung an.

Die Münchener HypoVereinsbank (HVB) zählt Mustier zu den strategischen Beteiligungen. Das knappe Kapital weckt in Bayern Finanzkreisen zufolge Hoffnungen auf einen Börsengang der deutschen Unicredit-Tochter, der auch das Investmentbanking des Konzerns zugeordnet ist.

Die HVB hält ein hartes Eigenkapital von 23 Prozent. Ein Börsengang würde allerdings der Unicredit nicht helfen, da dann Teile dieses Kapitals nicht mehr in der Bilanz konsolidiert werden könnten. Auch ein Teilverkauf der Bank Austria geisterte herum.

Eigenkapitaldecke zu dünn

Von Mustier wird in Italien eine milliardenschwere Kapitalerhöhung erwartet, um die Sorgen der Anleger über die zu dünne Kapitaldecke von Unicredit zu zerstreuen. Die Eigenkapitalquote liegt bei 10,5 Prozent, das ist der Bankenaufsicht viel zu wenig.

Der auf unter zwei Euro abgestürzte Aktienkurs macht das Unterfangen schwierig, die Eigentümer, darunter einflussreiche Stiftungen, müssten eine starke Verwässerung hinnehmen. An der Börse wurden Mustiers Ankündigungen gut aufgenommen: Die in diesem Jahr um 60 Prozent abgestürzte Aktie legte deutlich zu.

Probleme könnte es beim Verkauf der Investmentfonds-Gesellschaft Pioneer geben. Pioneer soll mit dem Vermögensverwalter der spanischen Großbank Santander fusionieren. Laut "Financial Times" stehe die Transaktion wegen des Brexit vor dem Aus. Mustier sagte, man arbeite mit Santander an einer Lösung, um den Zusammenschluss zu besiegeln.

Die Abspaltung des Osteuropa-Geschäfts von der Bank Austria zur Mailänder Konzernmutter wird ja wie berichtet von der Bankenaufsicht abgelehnt. Die Eigenkapitaldecke in Österreich wäre danach zu dünn. Über ausreichend Kapital verfügt die HVB. Theoretisch wäre denkbar, dass die HVB daher die Bank Austria kauft. Allerdings hatte die Unicredit die Bank Austria aus der HVB herausgelöst.

Der italienische Wirtschaftsminister Padoan hat die Krise der italienischen Bank als "verzerrte Wahrnehmung" bezeichnet. Auch Premierminister Matteo Renzi versucht die Probleme herunterzuspielen. Der Internationale Währungsfonds hatte davor allerdings die EU aufgefordert, Italiens Banken zu rekapitalisieren, da sonst eine Bankenkrise in Europa für möglich gehalten wird.

Derzeit laufen Verhandlungen zwischen Rom und der EU-Kommission für Staatshilfen. Die kommen im neuen Regelwerk der Bankenunion eigentlich nicht mehr vor, allerdings drängt offenkundig die Zeit. Mustier will dem Vernehmen nach die Hereinnahme von Staatskapital vermeiden. Die Frage ist, ob dies von der Europäischen Bankenaufsicht nicht vorgeschrieben wird. Denn eine neue Bankenkrise würde auch große Institute in Deutschland und Frankreich hart treffen.

Indes veräußert die UniCredit zehn Prozent ihres Anteils an der polnischen Bank Pekao. Damit wolle man die Kapitaldecke stärken und zugleich die Kontrolle über Pekao bewahren, heißt es.

Siehe dazu auch: UniCredit reduziert Anteil an Bank Pekao