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Daten, die der Gesellschaft nützen sollen

Von Eva Stanzl aus Alpbach

Wissen
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Die geplante Forschungsdatenbank soll im Jänner starten und auch die Pandemiebekämpfung erleichtern.


Die Corona-Infektionszahlen steigen ähnlich wie im Herbst des Vorjahres. Einer punktgenauen Pandemiebekämpfung hierzulande steht unter anderem die fragmentierte Datenlage im Weg. "Es ist nach wie vor nicht klar, wann der allgemein beste Zeitpunkt für die dritte Impfung wäre, weil wir in Österreich nicht wissen, wie gut der Impfschutz ist und wie schnell er zurückgeht in verschiedenen Altersgruppen. Auch ist nicht bekannt, wie viele Geimpfte bundesweit in Intensivbetten liegen", sagte der Komplexitätsforscher Stefan Thurner am Rande eines Hintergrundgesprächs bei den Technologiegesprächen in Alpbach.

Gesundheitsdaten liegen in Österreich in den elektronischen Speichern von Sozialversicherungen, den Ländern oder der Ernährungssicherheitsagentur Ages. Weder Blut- noch Sterbedaten, weder Statistiken zu Vorerkrankungen noch zu medikamentösen Wechselwirkungen sind harmonisiert oder werden geteilt.

Das Austrian Micro Data Center (AMDC) könne diesen Zustand zwar nicht von heute auf morgen ändern. Aber "es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung", sagte der Generaldirektor der Statistik Austria, Tobias Thomas, am Freitag vor Journalisten in Alpbach. Die statistische Behörde will persönliche Daten über Interviews, öffentliche Register, Satelliten- oder Mobilfunkaufzeichnungen im Detail erheben, um sie dann in anonymisierter Form der Forschung zur Verfügung zu stellen. In weiterer Folge könnten zusätzliche staatliche Datenbanken folgen. Universitäten und andere zugelassene Forschungseinrichtungen sollen Informationen aus dem Bildungsstandregister oder dem Unternehmensregister verwenden, verknüpfen und auch mit selbst erhobenen Daten verbinden dürfen. "Nur wissenschaftliche Institutionen haben Zugang", sagte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann.

Keine Identitätsdaten

Durch entsprechende Sicherheitsstandards will die Statistik Austria gewährleisten, dass die Wissenschafter damit beispielsweise den Einfluss unterschiedlicher Bildungsverläufe auf die jeweiligen Arbeitsmarktkarrieren analysieren können, ohne dabei Rückschlüsse auf einzelne Personen anstellen zu können. Insbesondere sollen Identitätsdaten durch Personenkennzeichen ersetzt werden, um die Identifikation einzelner Bürgerinnen und Bürger in den Datensätzen unmöglich zu machen.

Grundlagen des AMDC sind eine Novelle zum Bundesstatistikgesetz und das Forschungsorganisationsgesetz. Der Begutachtungsprozess ist abgeschlossen, laut Faßmann gab es 300 Stellungnahmen, "90 Prozent davon waren positiv". Der operative Start ist für 1. Jänner 2022 geplant, im Juni soll das Zentrum bei der Statistik Austria in Betrieb gehen.

"In der Wissenschaft ist es zentral, dass man Ursache und Wirkung findet. Dann kann man sich besser vorbereiten, zum Beispiel auf Pandemien", so Thurner mit Blick auf die neue Datenbank. In Österreich standen der Forschung bisher nur sogenannte aggregierte Daten, die Mittelwerte angeben, zur Verfügung, die in komplexen Berechnungen keinen präzisen Informationsgehalt liefern können. Heimische Forscher griffen auf ausländische anonymisierte Personendaten zurück. "Doch auch diese sind nicht immer aussagekräftig - wenn wir beim Impfen bleiben: In Israel ist die Bevölkerungsstruktur anders, daher hilft uns das wenig für die Planung hier", so der Chef des Complexity Science Hub in Wien.

Kritik von Datenschützern

Die Datenlage wurde auch von der OECD in ihrem Bericht zu Österreichs Forschungslandschaft kritisiert. Begrüßt werden die Pläne daher von der Wissenschaft, etwa der Universitätenkonferenz oder den Wirtschaftsforschungsinstituten Wifo und IHS. Bedenken hatte die Datenschutzbehörde geäußert. Sie forderte weitere gesetzliche Garantien für personenbezogene Daten. Die Bürgerrechtsorganisation epicenter.works hatte gar vor einer "Datenschutzkatastrophe" und vor "unkontrolliertem Zugang zu sensiblen Daten der Verwaltung" gewarnt.