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Alternative in der Top-Liga

Wissen

Neuer Ista-Chef Martin Hetzer will "Forschungsbereiche entwickeln, die es sonst nirgends gibt".


Von der Qualität vergleichbar mit Spitzenuniversitäten wie Oxford und Cambridge, zugleich aber mit einer eigenen Handschrift, die entstehen soll, wenn sich aus interdisziplinär betriebener Wissenschaft neue Forschungsfelder ergeben: Dieses Ziel steckte sich Martin Hetzer, neuer Präsident des Institute of Science and Technology Austria (Ista), vor Journalisten am Dienstag. Der 56-jährige Molekularbiologe folgte Anfang des Jahres auf den langjährigen Gründungsdirektor Thomas Henzinger.

"Das Ista ist eine Pionier-Institution, was den Austausch zwischen den Disziplinen betrifft", sagte Hetzer. Diese Richtung wolle er fortsetzen und das Ista zu einer "Alternative zu diesen Top-Forschungszentren" entwickeln. "Für junge Wissenschafter scheint es mir extrem wichtig, dass sie eine Umwelt finden, in der sie sich frei entfalten können", sagte er. An etablierten Universitäten und Forschungseinrichtungen seien sie oft "in einzelnen Disziplinen eingesperrt". Als junge Einrichtung habe das Ista hier "ein unglaubliches Potenzial, Leute aus der ganzen Welt anzuziehen". Mit diesen sollen am Institut "eigene Forschungsbereiche entwickelt werden, die es sonst nirgends gibt".

Wie Oxford, aber anders

Der neue Präsident möchte das bisher bei der Anwerbung verfolgte Konzept, auf beste Köpfe zu setzen statt auf Fächer, auch bei der bis 2036 geplanten Verdoppelung bei der Zahl der Forschungsgruppen verfolgen. Er wolle "mutige Wissenschafter anziehen, die unkonventionelle Ansätze verfolgen, ihren eigenen Weg ins Ungewisse gehen und die Bereitschaft haben, über Fächergrenzen hinaus zu forschen".

Das Ista wurde 2009 nach einer Idee des Quantenphysikers und Nobelpreisträgers Anton Zeilinger auf der grünen Wiese in Maria Gugging nahe Klosterneuburg eröffnet. Vorbild war das israelische Weizmann Institut für postgraduale Studien in den Grundlagenwissenschaften. Derzeit arbeiten mehr als 1.000 Personen und 75 Forschungsgruppen in Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften in sechs Laborgebäuden. Im "Nature"-Ranking der besten Forschungsinstitutionen vom Dezember des Vorjahres reiht das Ista auf Platz drei.

Die langfristige Finanzierung wird zu 75 Prozent vom Bund und zu 25 Prozent vom Land Niederösterreich getragen. Konkret sind für die Jahre 2026 bis 2036 maximal 3,28 Milliarden Euro eingeplant, "wobei nur zwei Drittel der laufenden Finanzierung garantiert sind. Um den vollen Betrag zu bekommen, muss das Ista Drittmittel in gleicher Höhe einwerben", sagte Geschäftsführer Georg Schneider. Seit der Gründung seien insgesamt 60 der begehrten Förderpreise des Europäischen Forschungsrats (ERC-Grants) eingeworben worden, die jeweils mit 1,5 bis 2,5 Millionen Euro dotiert sind. Die Hälfte der Anträge vom Ista werde bewilligt, "wir sind die Besten in Europa auf diesem Gebiet", sagte Schneider. Bisher konnte insgesamt eine Viertelmilliarde an Drittmitteln aus verschiedenen Quellen eingeworben werden.

Martin Hetzer, geboren 1967 in Wien, kehrt nach 20 Jahren im Ausland wieder nach Österreich zurück. Er war Vizepräsident am Salk Institute for Biological Studies im südkalifornischen La Jolla, das 1960 von Jonas Salk, der den Polio-Impfstoff entwickelt hatte, gegründet wurde. Dort habe er auch seine "Begeisterung für Wissenschaftsmanagement entdeckt", hob Hetzer hervor. Er rief neue operative Einheiten ins Leben und rekrutierte Wissenschafter aus aller Welt. Schon dort gefiel ihm "das Konzept der barrierefreien Labors, damit der Austausch zwischen den Disziplinen ungehindert stattfinden kann".

Als Professor für Molekularbiologie erforscht Hetzer, wie es ein Organismus schafft, gesund zu bleiben. "Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher ist es, zu erkranken. Im Gehirn werden die Zellen zwar nicht erneuert, doch sie funktionieren das ganze Leben. Wir sind an Erhaltungsmechanismen interessiert, die Funktionsverluste verzögern oder gar verhindern", erklärte der Ista-Chef.

Hetzer hielt auch ein Plädoyer für die "neugiergetriebene Wissenschaft, die keine Grenzen kennt". Oft werde gefragt, ob man mehr auf angewandte Forschung setzen sollte, wo die Ziele klarer seien. "Aber wenn wir aufhören, neugiergetriebene Forschung zu betreiben, werden wir bald nichts mehr haben, was wir anwenden können", sagte er. Dennoch will er sich verstärkt auch auf "Technology" konzentrieren. "Die beiden Dinge müssen Hand in Hand gehen, auch durch Technologie werden neue Welten eröffnet." (est)