Wien. Mehr als 12.000 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus Österreich, Deutschland und der Schweiz unterstützen in einer gemeinsamen Stellungnahme die Klimabewegung "Fridays for Future". Am Freitag wollen die "Scientists for Future" ihre Unterstützerliste den Aktivisten übergeben, die so umfassende internationale Schulstreiks planen wie noch nie.

Die Umweltschutzbewegung nahm ihren Ausgang in den von der schwedischen Schülerin Greta Thunberg ausgelösten Schulstreiks für das Klima. Sie erntet nicht nur Zustimmung, sondern auch Kritik. Zuletzt etwa hatte FDP-Chef Christian Lindner den Jungen die Expertise abgesprochen: Klimaschutz sei was für Profis, meinte er. Auch das Phänomen Wissenschafter als Aktivisten ist in seinem Ausmaß neu. Sollten sie auf die Straße gehen oder es doch lieber der Politik überlassen, aus den Fakten Konsequenzen zu ziehen? Hat am Ende auch die hehre Forschung Angst vor dem Klimawandel?

Besorgt wie eine Ärztin

Der deutsche Klimaforscher Stefan Rahmstorf, einer der weltweit führenden Ozeanografen und eine Leitfigur der Unterzeichner, führt keine Angst, sondern Pflicht ins Treffen. "Millionen Menschen leiden schon heute unter dem Klimawandel durch Überflutungen, Dürren und Ernteausfälle, Hitzewellen mit vielen Todesopfern, stärkere Tropenstürme und heftige Waldbrände. Diese Dinge nehmen durch die globale Erwärmung zu, das ist gut belegt", sagt Rahmstorf zur "Wiener Zeitung". "Es ist aber unsere Pflicht gegenüber der Öffentlichkeit, vor den Folgen der globalen Erwärmung zu warnen, genauso wie Lungenärzte vor den Folgen des Rauchens warnen."

Vom Abschluss der Klimarahmenkonvention 1992 bis zum Pariser Abkommen 2015 hätte es 23 Jahre intensiver Diskussion und Verhandlungen gebraucht, bis alle Staaten den Konsens erreicht hatten, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad zu stoppen. "Das muss jetzt konsequent umgesetzt werden. Genau das fordern die Schüler, und genau das sagen auch wir Wissenschafter", betont er als einer der Leitautoren des 2007 veröffentlichten Vierten Sachstandsberichtes des Weltklimarates IPCC. "Aktivismus" ist einfach nur ein Etikett, das Leute benutzen, denen es am liebsten wäre, Wissenschafter würden den Mund halten", erklärt Rahmstorf.

"Entwicklungen passieren oft unter der Oberfläche", hatte die österreichische Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb am Dienstag bei einer Pressekonferenz der rund 700 Unterschriften aus Österreich erklärt. Durch die Initiative von Greta Thunberg sei die Oberfläche aufgebrochen.