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Kosmetika verursachen frühere Pubertät bei Mädchen

Von Alexandra Grass

Wissen
© StockAdobe/PhotoSG

Von Müttern verwendete Kosmetika beeinflussen die hormonelle Entwicklung ihrer Töchter.


Berkeley/Wien. Sie konservieren Duschgels und sorgen für kuschelig duftende Kleidung. In unserem Alltag ist der Mensch umgeben von Stoffen, die einen offenbaren Nutzen haben und dennoch für erheblichen Schaden sorgen - nämlich für die Gesundheit. Einer aktuellen Studie zufolge können nämlich Substanzen, wie sie auch in Körperpflegemitteln enthalten sind, den Pubertätsbeginn von Mädchen beeinflussen. Wobei die unerwünschte Wirkung der Stoffe schon während der Schwangerschaft auf die im Mutterleib heranwachsenden Töchter auftritt, berichtet ein Wissenschafterteam um Kim Harley von der University of California in Berkeley im Fachblatt "Human Reproduction".

Zu diesen sogenannten endokrinen Disruptoren - hormonaktiven Substanzen - zählen etwa Phtalate, Parabene und Phenole. Phtalate sorgen dafür, dass der Duft von Parfums, Deodorants, Seifen oder auch Weichspüler erhalten bleibt. Parabene dienen als Konservierungsmittel. Phenole, wie zum Beispiel Triclosan, ist etwa in Zahnpasta enthalten, um den Anwender vor unerwünschten Bakterien zu schützen. Doch in unserem Körper bringen diese synthetischen Östrogene den natürlichen, körpereigenen Östrogenhaushalt ziemlich ins Durcheinander. Und das betrifft hauptsächlich Mädchen.

In der aktuellen Studie konnte der Zusammenhang durch Urinproben von Schwangeren und ihrer späteren Kinder hergestellt werden. Enthielt der Harn der Mütter viel Phtalat, begann die Schamhaarentwicklung ihrer Töchter etwa sechs Monate früher, schreiben die Forscher. Eine hohe Konzentration von Triclosan im Urin der Mutter war demnach wiederum verbunden mit einer knapp fünf Monate früheren ersten Menstruation.

Frühere Menstruation

Doch die Forscher fanden auch Zusammenhänge zwischen der direkten Belastung von Kindern und dem Einsetzen der Pubertät. Demnach sorgen hohe Konzentrationen von Parabenen für eine frühere Entwicklung der Brustdrüsen, eine frühere erste Menstruation und eine frühere Schambehaarung. Waren die Werte hoch, so setzten diese Entwicklungen schon etwa vier bis sieben Monate eher ein.

"Die Studie ist wichtig, denn sie ist eine der ersten, die die Belastung und deren künftige Auswirkung schon im Mutterleib aufzeigt", betont Harley in der Publikation. Die Zusammenhänge seien hauptsächlich bei Mädchen deutlich zu sehen. Das liegt aller Wahrscheinlichkeit nach an den unterschiedlichen hormonellen Mechanismen, die während der Pubertät in beiden Geschlechtern einsetzen. Von der Wirkung auf den Östrogenhaushalt sind naturgemäß Mädchen stärker betroffen.

Die Forscherin gibt allerdings auch zu bedenken, dass Mädchen, sobald sie in die Pubertät kommen, schon vermehrt Körperpflegeprodukte anwenden. Das könnte auch ein Grund dafür sein, warum in ihrem Urin mehr Parabene und Phtalate enthalten waren.

Die Daten der Schwangeren stammten von einer Studie des Center for the Health Assessment of Mothers and Children of Salinas, die von 1999 bis 2000 durchgeführt worden war. 338 der geborenen Kinder - 179 Mädchen und 159 Buben - kontrollierten die Forscher bei ihrer Geburt und im Alter von neun Jahren. Bis zu ihrem 13. Lebensjahr wurden den Kindern alle neun Monate Urinproben abgenommen. Mehr als 90 Prozent der Proben wiesen hormonaktive Substanzen auf.

"Diese Untersuchung ist wichtig, weil wir wissen, dass die Pubertät bei Mädchen schon seit einigen Jahrzehnten immer früher beginnt", erklärt die Epidemiologin. Damit konnte erstmals in einer Langzeituntersuchung direkt beim Menschen ein solcher Zusammenhang gezeigt werden. Ein früheres Einsetzen der Pubertät korreliert den Forschern zufolge mit einem höheren Risiko für spätere Krebserkrankungen - vor allem Brust- und Eierstockkrebs -, aber auch mit der Anfälligkeit für psychische Probleme.

Weitere Auswirkungen denkbar

"Das Forschungsgebiet wird uns noch lange beschäftigen, denn wir benötigen noch mehr Studien", erklärt Harley. Die Wissenschafter zeigen sich grundsätzlich beunruhigt von die Tatsache, dass Produkte, die wir täglich unserem Körper als Pflege zuführen, einen solch großen negativen Einfluss auf unsere hormonelle Entwicklung haben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die zunehmende Konzentration an synthetischen Östrogenen auch in weitere Entwicklungsprozesse des menschlichen Körpers eingreift. Manche Experten vermuten auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit oder gar auch auf hormonsensitive Regionen im Gehirn. Die weiteren Auswirkungen sind damit noch gar nicht abschätzbar.