Zum Hauptinhalt springen

Start frei für Partikeltherapie

Von Alexandra Grass

Wissen
Der Teilchenbeschleuniger bildet des Herzstück des Krebsbehandlungszentrums Medaustron.
© Medaustron

Nach erfolgter Zertifizierung darf Medaustron nun den Patientenbetrieb aufnehmen.


Wiener Neustadt/Wien. Ab sofort dürfen im Krebsbehandlungszentrum Medaustron in Wiener Neustadt die ersten Patienten bestrahlt werden. Verschoben hatte sich der Start zuletzt wegen der noch fehlenden Zertifizierung des Teilchenbeschleunigers. Dieses Verfahren ist nun abgeschlossen und damit die rechtskräftige Benützungsbewilligung erteilt, wie Medaustron am Mittwoch bekannt gab.

Österreichs erstes Partikeltherapiezentrum stellt damit künftig eine Option zur herkömmlichen Strahlentherapie dar. Medaustron dürfe nun "Menschen mit speziellen Tumoren Hoffnung im Kampf gegen ihre heimtückische Krankheit geben" so Aufsichtsratsvorsitzender Klaus Schneeberger.

Mit Protonenstrahlen, wie sie in der riesigen Anlage mithilfe eines Teilchenbeschleunigers erzeugt werden, lassen sich Tumoren nicht nur gezielter, sondern manche mitunter auch effizienter behandeln. Der wohl größte Unterschied zur Therapie mit Gamma-, Röntgen- oder Elektronenstrahlen - wie sie seit vielen Jahren zur Anwendung kommen - besteht darin, dass während und nach der Therapie weniger Nebenwirkungen auftreten.

Weniger Nebenwirkungen

Die Protonenstrahlen besitzen nämlich die Eigenheit, dass sie mit reduzierter Strahlung in den Körper eindringen und ihre höchste Energie erst im Kern des Tumors freisetzen. Ein Bragg-Peak genannter unmittelbarer Abfall der Energiemenge sorgt dafür, dass es zu keinem Strahlenaustritt nach dem Tumor kommt. Das Gewebe davor ist damit weniger in Mitleidenschaft gezogen als mit üblicher Strahlung und das Gewebe dahinter bleibt überhaupt völlig unbelastet. Nebenwirkungen wie Hautrötungen oder Schleimhautschäden, aber auch Spätfolgen der Strahlentherapie halten sich damit in Grenzen.

Der Fokus liegt vorerst bei Krebsarten, die mit herkömmlichen Methoden nur schwer behandelbar sind. Dazu zählen etwa aggressive Tumoren an der Schädelbasis oder entlang des Rückenmarks. In den USA sei das Indikationsspektrum bereits bis hin zu Pankreas-, Lungen-, Brust- oder Prostatakrebs ausgeweitet worden, hatte zuletzt der medizinische Leiter des Krebstherapiezentrums, Eugen Hug, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" geschildert. Auch Kinder würden von der Therapie besonders profitieren.

Welche Art der Strahlentherapie bei einem Patienten künftig zur Anwendung kommen wird, wird in den Tumorboards der Spitäler entschieden. Protonenstrahlen sind nämlich nicht für alle Patienten geeignet. Mit dem positiven CE-Bescheid ist für den Behandlungsstart nun grünes Licht gegeben. Erste Patienten seien in den vergangenen Wochen bereits zur Konsultation und Vorbereitung bei Medaustron gewesen und würden nun die Bestrahlungszyklen starten.

Offiziell ein Ambulatorium

Das Herz des Zentrums bildet der Teilchenbeschleuniger, der mit Know-how aus dem Kernforschungszentrums Cern in der Schweiz errichtet wurde. Die Zertifizierung gemäß der Europäischen Medizinproduktrichtlinie 93/42/EWG erfolgte durch die Prüfstelle mdc medical device certification GmbH als sogenannte Benannte Stelle der Europäischen Union.

Das Verfahren selbst erfolgte in mehreren Abschnitten. Das erste Audit hatte im Juni stattgefunden, bis November sei schließlich geprüft worden. Schon seit September ist Medaustron offiziell ein Ambulatorium nach dem Krankenanstaltengesetz.