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Neues Ringsystem im Sonnensystem entdeckt

Von Eva Stanzl

Wissen
Das Ringsystem (weiß) von Quaoar kreist weit jenseits der bisher berechneten Maximal-Entfernung (blau).
© Paris Observatory

Die Ringe kreisen um Quaoar, einen Zwergplaneten etwa halb so groß wie Pluto im Kuipergürtel.


Astronomen haben ein neues Ringsystem in unserem Sonnensystem entdeckt. Die Ringe kreisen um Quaoar, einen Zwergplaneten etwa halb so groß wie Pluto, der unseren Heimatstern ebenfalls jenseits des äußersten Planeten Neptun im Kuipergürtel umkreist.

Laut dem internationalen Team unter der Leitung der britischen Universität Sheffield und der Bundesuniversität von Rio de Janeiro in Brasilien sind die Ringe von Quaoar deswegen einzigartig, weil sie weitaus größere Kreise ziehen als etwa die Ringe um Saturn. Somit seien existierende Theorien zur Ringbildung infrage gestellt, schreiben die Forschenden im Fachmagazin "Nature". Die Entdeckung machten sie mit Hilfe einer hochempfindlichen, superschnellen Kamera namens "Hipercam", die an der Universität Sheffield entwickelt wurde und im weltgrößten optischen Teleskop auf der kanarischen Insel La Palma zum Einsatz kommt.

Die Ringe sind laut den Forschern zu klein und zu dünn, um auf Bildern ausgemacht werden zu können. Beobachtet worden seien sie indirekt, indem eine spezielle Form der Verdunkelung unter die Lupe genommen wurde. In seiner Umlaufbahn um die Sonne blockiere Quaoar das Licht eines Hintergrundsterns. Das Ereignis dauere weniger als eine Minute, jedoch passiere sowohl davor als auch danach jeweils ein Lichtabfall, was auf ein System zweier Ringe um Quaoar hinweise.

Ringsysteme sind im Sonnensystem relativ selten. Neben den Bekannten um die Gasriesen Saturn und Jupiter sowie um die Eisriesen Uranus und Neptun besitzen nur zwei weitere Kleinplaneten Ringe - Chariklo und Haumea. Alle bekannten Ringsysteme halten sich, weil sie sehr nahe am Mutterkörper kreisen, sodass die Gezeitenkräfte verhindern, dass das Ringmaterial Materie aufsammelt und Monde bildet.

Name nach Schöpfergottheit

Anders ist es beim Ringsystem um Quaoar, das in der gigantischen Entfernung von mehr als sieben Planetenradien um ihn kreist. Das ist doppelt so weit entfernt wie der Maximal-Radius gemäß der Roche-Grenze. Die Roche-Grenze ist ein Kriterium zur Beurteilung der inneren Stabilität, also des Zusammenhalts eines Himmelskörpers, der einen anderen umkreist. Sie gilt als das Limit, innerhalb dessen Ringsysteme sich halten können. Etwa liegen die Hauptringe um Saturn innerhalb von drei Planetenradien.

"Es war unerwartet, dieses neue Ringsystem in unserem Sonnensystem zu entdecken, und es war doppelt unerwartet, die Ringe so weit entfernt von Quaoar zu finden, was unsere bisherigen Vorstellungen über die Entstehung solcher Ringe infrage stellt", wird Studienautor Vik Dhillon vom Fachbereich für Physik und Astronomie in Sheffield in einer Aussendung zur Studie zitiert. "Jedes Kind lernt über die herrlichen Ringe Saturns. Wir hoffen, dass diese neue Entdeckung weitere Erkenntnisse über ihre Entstehung liefert."

Quaoar wurde am 4. Juni 2002 auf Palomar Mountain von den kalifornischen Astronomen Chad Trujillo und Michael E. Brown entdeckt, die ihn nach der Schöpfergottheit der Tongva-Indianer benannten. Sein Durchmesser wurde auf 1.170 Kilometer bestimmt, als er vor einem Fixstern vorbeizog. Neben Orcus und Sedna ist Quaoar das größte seit Pluto entdeckte Objekt im Sonnensystem. Er hat ein Zehntel des Erd-Durchmessers und die Hälfte von Pluto. Er gehört wahrscheinlich zu der 2006 von der Astronomischen Union eingeführten Klasse der Zwergplaneten. Seine Entdeckung schwächte Plutos Status als Planet, da er relativ groß ist im Vergleich zu den anderen Himmelskörpern des Kuipergürtels. Später wurde dort mit Eris sogar ein Objekt gefunden, das ähnlich groß ist wie Pluto. Quaoar umkreist die Sonne in einer Kreisbahn in etwa 6,5 Milliarden Kilometern Entfernung innerhalb eines Zeitraums von 288 Jahren. 2007 gab ein Team bekannt, um ihn einen Mond von rund 74 Kilometer Durchmesser entdeckt zu haben.